gebunden am Boden gefunden habe, und aufgefordert worden sei, ihn zu töten. Er habe sich anfangs geweigert, aber doch, durch Drohungen eingeschüchtert, sich hinreißen lassen, zu dem Morde mitzuwirken. Harari habe den ersten Stoß, ein anderer den zweiten geführt, welcher den Tod zur Folge gehabt hätte. Dann sei das Fleisch von den Knochen gelöst, diese zerbrochen und in eine Kloake geworfen worden. Dort habe man sie mit einem Stück Kinnbacken samt Bart, einem Stück Kopfhaut, welche noch das Zeichen der Tonsur getragen habe, und mit dem jedermann in Damaskus bekannten rotgeränderten Käppchen des Paters aufgefunden. Auch des Thomas Diener hätte man ermordet, um keinen Ankläger zu haben. Von den Verhafteten hätten sieben jüdische Kaufleute das Verbrechen eingestanden und ausgesagt, daß der Großrabbiner einige Tage zuvor erklärt habe, man solle für die nahen Ostern sich Christenblut verschaffen. Der ganze Orient war nach einer Schrift von Achille Laurent, die wahrscheinlich von dem französischen Konsul veranlaßt wurde, von der Schuld der Juden überzeugt, aber die Juden in Europa setzten es durch, daß die Angeklagten nicht hingerichtet, sondern durch einen Machtspruch der türkischen Regierung freigelassen wurden.
Große Aufregung rief im Jahre 1881 die Nachricht hervor, daß zu Tißa Eßlar in Ungarn ein Christenmädchen, Esther Solymossi, von Juden in der Synagoge abgeschlachtet worden sei. Die Sache wurde gerichtlich verhandelt, und die angeklagten Juden wurden freigesprochen, aber das Benehmen des Staatsanwaltes in diesem Prozesse und das freisprechende Urteil des Gerichtshofes konnten und können oder wollen sich auch heute noch viele Leute nicht erklären.
Im Jahre 1891 brach ein Aufstand aus gegen die Juden in der Stadt Korfu auf der Insel gleichen Namens im mittelländischen Meere, worüber ein ehemaliges Mitglied der griechischen Deputiertenkammer, Geogios Zerros in Korfu, folgendes berichtet: „An der Thatsache, daß hier auf Korfu vier Mitglieder der hiesigen Judengemeinde ein achtjähriges Christenmädchen in der unmenschlichsten Weise getötet haben, ist nicht zu zweifeln. Des Mordes angeklagt werden der jüdische Schneider Sarda, welcher das aus Janina stammende christliche Mädchen, Maria Dessylla, in Pflege hatte und es nun in Gemeinschaft mit seinen Religionsgenossen geschlachtet hat; der Synagogendiener Naxon, der Totengräber der jüdischen Gemeinde, und der jüdische Almosenempfänger Ephraim; letzterer wird zugleich des wissentlichen Meineids beschuldigt. Der Thatbestand der Anklage konnte seitens der Juden durch nichts erschüttert werden. Dazu ergab noch die amtliche Obduktion der Leiche, daß der Tod durch Zerschneidung des Halses herbeigeführt wurde, und daß nach der erfolgten Tötung dem Körper noch etwa zwanzig kleinere Schnittwunden beigebracht wurden. Die aufgefundene Leiche war im Inneren gänzlich blutfrei. Die Regierungsbehörden, welche anfangs die Anklage als „Märchen“ zu behandeln suchten, erkennen heute, daß sich die Sache nicht mehr bemänteln läßt. Dennoch wagt die Regierung nicht, dem Rechtsbewußtsein des Volkes offen Rechnung zu tragen, wodurch die Aufregung der Christen stündlich gesteigert wird. Nur um Zeit zu gewinnen, wurden der Präfekt von Korfu und der mit der Sache betraute Staatsanwalt nach Athen berufen, um der
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)