Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band | |
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waren. Die meisten Senatoren gingen paarweise, einige Arm in Arm. Clay gieng allein, gleichgültig, müde, sehr vereinsamt, wie ich aus seinem Ausdruck und seiner Haltung schloß. Corvin, Senator von Ohio, von welchem ich Dir bald noch mehr erzählen werde, ging ebenfalls allein; er ist ein untersetzter kleiner Mann, behaglich und gemüthlich, und doch dabei ein gutmüthiger Polterer.
Der Congreß wird jetzt drei Tage ausruhen, bis der Präsident Taylor begraben ist. Aber die streitenden Parteien, die sich nunmehr auf eine neue Wendung vorbereiten, sie ruhen nicht. Sie arbeiten rastlos und haben kein anderes Gefühl, keinen andern Gedanken, als ihr Interesse. Als ich gestern vom Capitol herabging, hörte ich einen jungen Mann zu einem Andern sagen:
„Wenn er stirbt, so gelangt unsere Partei zum Sieg, und er wird sterben, so Gott will.“
Und jetzt, während die großen Angelegenheiten
ruhen und gleichwohl der Kampf fortdauert, will ich
Dir ein wenig von mir selbst und meinen Unternehmungen
ezählen.
Am 4. Juli, dem großen Tag der Vereinigten Staaten, fuhr ich mit Miß Lynch, Mr. Andrews und dem Senator von Ohio, Mr. Corvin, nach Washingtons Landsitz Mount Vernon. Mr. Corvin ist einer der selbstgemachten Männer (self-made men) des Landes; sein Vater war ein armer Farmer, und der Sohn genoß blos die Erziehung einer Gemeindeschule, hat sich aber auf eigene Faust zu einem der berühmtesten
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/81&oldid=- (Version vom 4.8.2020)