Warum ist Freiheit unter Menschen nicht möglich? Warum sind allein wir Menschen dazu verdammt, uns einander einzuengen in Pflichten, Gesetze, Verbote, Moralen? Was ist das für eine verfluchte Verrücktheit, daß wir nicht leben, wie uns die Sinne treiben? Warum machen wir diese Erde zu einem Schauplatze allgemeiner Verkümmerung?
(Ich hoffe, konnte ich nicht umhin, hier zu bemerken, daß du eine Antwort auf diese rhetorischen Fragen gehabt hast. – Antworte du, erwiderte Emil, dem Feuer, mein Lieber, wenn es um dich her wabert und loht, antworte du dem Sturm, wenn er auf dich einbraust und dir den Atem versagt. Nein: ich habe mich des Rhythmus gefreut, in dem sie ihren Zorn ausließ und habe meine Augen geweidet an dem Auf- und Niedergehen ihrer Brust, an der Brunst ihrer Blicke, am Blitzen ihrer Zähne, und ich war glücklich, hier zum ersten Male ein Weib nackt zu sehen. Sie aber fuhr fort):
Und wenn es nicht allen erlaubt sein darf, frei hinzuleben, in schrankenloser Lust und
Otto Julius Bierbaum: Die Haare der heiligen Fringilla. München: Albert Langen, 1904, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Haare_der_heiligen_Fringilla.djvu/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)