„Aber natürlich muß er dableiben, der Mohr! Es ist hier eh’ nix mehr zum Tschechisieren da.“ Die letztere Bemerkung machte er aber leise, denn es lag ihm wenig daran, seine tschechischen Klienten zu ärgern, wie er denn überhaupt mehr Advokat als Deutscher war.
Der männliche Teil der Einwohnerschaft, der, den ganzen Marktplatz anfüllend, jetzt von den zwei Polizisten des Ortes kaum mehr im Zaume gehalten werden konnte, entfaltete dagegen unverhohlen die ganze Heftigkeit seines nationalen Temperamentes, sang die tschechische Volkshymne, brachte ein Pereat auf die Deutschen aus und ließ dafür demonstrativ den Mohren hochleben, von dem er sich offenbar trotz seines Deutsch eine Stärkung des tschechischen Elementes versprach. Die Weiber aber (die Damen inbegriffen) schüttelten sich vor Grausen über den preußischen Neger ostentativ und ergingen sich in den despektierlichsten Ausdrücken über sein Exterieur.
Das Resultat dieser lebhaften Volksabstimmung war, daß der Wirt sich dachte: Auf alle
Otto Julius Bierbaum: Die Haare der heiligen Fringilla. München: Albert Langen, 1904, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Haare_der_heiligen_Fringilla.djvu/036&oldid=- (Version vom 31.7.2018)