Vokal, der sich vergebens bemüht, gegen das feindliche Gezische und Gepruste der Majorität aufzukommen. Es ist nur begreiflich, daß dieses Konsonantengeprassel auf den meisten Landkarten nicht verzeichnet wird. Dafür lebt es aber im Munde des Volkes, das jene Stadt und ihre Umgebung bewohnt. Die Stadt heißt also tatsächlich so, wie sie von ihren Bewohnern geniest wird, und jener andere Name hat nur noch eine melancholische historische Bedeutung: er erinnert an die Zeit, als man dort noch nicht allgemein den Sprechschnupfen hatte, sondern deutsch redete. Kurz und schlimm: unsere Geschichte spielt in einer ehemals deutschen, jetzt aber tschechischen Stadt Böhmens.
In diese Stadt nun kam, als ob es dort nicht schon genug nationale Gegensätze gebe, eines Tages ein Mohr. Er hatte schwarz und weiß karierte Hosen, ein rotes Wollhemd und einen Smoking mit breitem, seidenem Aufschlag an und trug auf dem Kopfe einen viel zu kleinen, dafür aber durch Alter ehrwürdigen Chapeau claque. Ein Paar Stiefeletten hatte
Otto Julius Bierbaum: Die Haare der heiligen Fringilla. München: Albert Langen, 1904, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Haare_der_heiligen_Fringilla.djvu/032&oldid=- (Version vom 31.7.2018)