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Seite:Die Gartenlaube (1889) 828.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Weihnachten.

Mach’ auf die Thür und blank das Haus: es kommt mit Klang und Strahl
Der Tag durch Schnee und Sturmgebraus ins engste Erdenthal.
Wie Frühlicht strahlt der Weihnachtstern in jede dunkle Nacht;
Erlösung schimmert nah und fern bei seiner Wunderpracht.
Wohl krächzt der Raben schwarzer Chor, es starrt in Frost der See,
Mit stummer Bitte übers Rohr nach Futter späht das Reh.
Manch Menschenkind, verirrt vom Weg, mit schwerer Last allein,
Steht furchtsam vor verschneitem Steg und weiß nicht aus noch ein;
Doch sacht um Eis und Thränen geht vom Lenz ein Traumeshauch,
Es weicht die Nacht, Verheißung weht: „Sei still – dich grüß’ ich auch!“

Millionenfach im weiten Raum erglänzt der Lichter Bann,
Im Wald den jüngsten Tannenbaum faßt heimlich Sehnen an:
Wie freudlos ruht das Schneegewand auf seinem Nadelgrün,
Er sehnt sich nach der Kerzen Brand, die hell am Christfest glüh’n.
Kein Hof so arm, so schmal kein Herd, kein Mensch in Dorf und Stadt,
Dem Liebe nicht sein Licht beschert, der nichts zu spenden hat.
Es schweigt der Kampf um Glück, berührt von jenem Wundergeist,
Der Könige zur Krippe führt und Hirten singen heißt.
Die Weihnachtsglocken heben an: sie läuten Freude ein.
Frohlock’ auch du und tritt heran, mit Kindern Kind zu sein.

Ida John.




Lenaus Braut.

Von Gustav Karpeles.

Unter den Stürmen des Frühlings ist Lenaus Liebe begraben worden, in den Schauern des Herbstes ist seine Braut aus dieser Zeitlichkeit geschieden; so ist dieses Jahr recht ein Jahr der Erinnerung an den edlen Dichter der Schwermuth und Liebesnoth, den nun schon seit vierzig Jahren die kühle Erde deckt. Als Sophie v. Löwenthal, Lenaus einzige und wahre Liebe, starb, haben wir den Lesern der „Gartenlaube“ von ihrem Leben und ihren innigen Beziehungen zu dem Dichter ausführlich erzählt (vergl. Nr. 33). Es scheint uns nur ein Gebot der ausgleichenden Gerechtigkeit zu sein, nun auch das Lebensbild der armen Dichterbraut an dieser Stelle aufzurollen.

Marie Behrend, so hieß die Braut Lenaus. Und indem ich diesen Namen hier nenne, überkommt mich ein seltsames Gefühl, von Wehmuth und Reue. Ich hatte einst diesen Namen in Deutschland öffentlich genannt – allerdings nicht aus Lust an Indiskretionen, sondern in dem festen Glauben, die Braut Lenaus weile längst nicht mehr unter den Lebenden. Das war vor etwa achtzehn Jahren. Ein Brief mit bittrer Klage und der Bitte, daß man ihren Schmerz und ihre Zurückgezogenheit nicht stören möge, belehrte mich eines anderen. Aber das Geschehene war nun nicht wieder gutzumachen. So bleibt mir nichts übrig, als diese Mahnung an weithin sichtbarer Stelle für alle diejenigen aufzuhängen, die sich mit den Herzensangelegenheiten unserer Dichter und großen Männer beschäftigen.

Marie Behrend war eine Frankfurterin und wurde im Jahre 1811 geboren, erreichte also dasselbe Alter wie Sophie Löwenthal, während Lenau selbst fast nur die Hälfte dieses Lebensalters beschieden war. Als Lenau Marie Behrend kennen lernte, war er bereits ein gebrochener, lebensmüder Mensch. Es war dies im Juli 1844 zu Baden-Baden. Und wir besitzen einen Bericht aus der Feder Berthold Auerbachs über „Lenaus letzten Sommer“, der gerade diese Episode besonders lebhaft und anschaulich darstellt, der uns auch den tiefen Zwiespalt in den Stimmungen des Dichters, in seinem Empfindungsleben und in seiner Weltanschauung aufdeckt, welcher die Zerstörung seines Geistes herbeiführen mußte.

Lenau war nach Baden-Baden gekommen, um dort seinen „Don Juan“ zu vollenden. Er wollte sein Künstlerauge an der

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 828. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_828.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)