verschiedene: Die Gartenlaube (1857) | |
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vom Präsidenten mit einem gnädigen Kopfnicken entlassen, nahm Hut und Säbel unter den Arm und betrat das Deck mit der Siegermiene eines nicht Durchgefallenen.
Nur bei Wenigen ging es schlecht. Diese mußten ihre Entlassungen nehmen und gingen mit Kauffahrern zur See.
Was bei uns weiter geschah, das nächste Mal.
Die Architektur, weil sie vorzugsweise allgemeinen Zwecken und Ideen dient, spiegelt ziemlich treu den Geist und das Wesen einer Zeit ab; sie gibt ein klares Gesammtbild der religiösen und staatlichen Einrichtungen, des gesellschaftlichen, privaten und öffentlichen Lebens, der Kulturstufe und Geschmacksbildung eines Volkes. Am deutlichsten ist dies in einer, jeden Gebildeten empfehlenswerthen populären Darstellung der Baukunst dargethan, die den Titel führt:
- „Geschichte der Architektur von Wilhelm Lübke. (Mit 174 Holzschnitt-Illustrationen). Leipzig. Graul. 1855.“
Wir haben schon in zwei Aufsätzen (Gartenlaube 1855. Nr. 45. und 1856. Nr. 13.) diese Geschichte benutzt, um in unsern Lesern ein Interesse an der Architektur und an dem genannten Buche zu erwecken, und reihen jetzt nun an die griechische Baukunst (s. Gartenlaube 1856. Nr. 13.) die etruskische und römische, welche drei zusammen die sogenannte klassische Architektur ausmachen.
Als die Griechen vom Schauplatze geschichtlichen Lebens abgetreten und im römischen Weltreiche aufgegangen waren, blieb doch die Kultur derselben, zumal in der Baukunst, bestehen und trug sich auf die Römer über, die eine Menge architektonischer Kunstwerke als Kriegsbeute heimgeschleppt hatten, um ihre Tempel und Paläste damit zu schmücken. Unter den damaligen Völkern Italiens waren es vorzugsweise die Etrusker, welche die griechische Baukunst in die ihrige mit aufnahmen und so einen Uebergang zu der römischen bildeten. In ästhetischer Beziehung steht die etruskische Architektur aber jedenfalls der griechischen nach, denn es fehlt ihr der feurige, ideale Aufschwung, jedoch wurde sie durch Erfindung des Bogenbaues von großer praktischer Nützlichkeit, durch eine Erfindung, die eine scharfsinnige Kombination voraussetzt und nur aus einem praktischen, verständigen Volke hervorgehen konnte, die aber freilich erst vom christlichen Mittelalter in glanzvoller Weise ausgebeutet wurde.
Was den Charakter des etruskischen Volkes betrifft, der sich auch in ihrer Architektur wiedererkennen läßt, so fehlte ihm die ideale Begeisterung des griechischen und zeigte dagegen eine nüchtern verständige Richtung, die in deutlich vorgezeichneten Satzungen und scharf ausgeprägten Rechtsbegriffen die Richtschnur des Lebens erblickte. Macht und Herrschaft waren bei ihnen in den Händen einzelner bevorzugter Geschlechter, die auch die priesterliche Würde ausschließlich bekleideten. Die Religion der Etrusker, die übrigens die Familie und Frauen zuerst zur Würdigung brachten, war eine vorwiegend moralische, praktische und der poetisch-mythologischen der Griechen ganz entgegengesetzte. Sie nahm ein gutes und ein böses Princip, sowie Belohnung und Bestrafung in einem andern Leben an, und gab dadurch dem Wesen des Volkes etwas Gedrücktes und Aengstliches, Befangenes, Unfreies, Abergläubisches. Man sieht auf den bildlichen Darstellungen etruskischer Grabmäler stets einen weißen und einen schwarzen Genius, die sich um die Person des Gestorbenen zu streiten scheinen. Was die Etrusker von göttlichen Wesen verehrten, war nichts als eine dürftige Umhüllung natürlicher Zustände und Vorgänge oder eine umgestaltete Übertragung griechischer Sagen, sowie sich auch in ihrer Architektur eine gewisse, wenn gleich umgestaltete Aufnahme griechischer Elemente erkennen läßt.
Zu den alterthümlichsten Werken etruskischer Architektur gehören einige Städtemauern, welche in der frühesten Zeit (bei der Stadt Cossa) aus großen unregelmäßig bearbeiteten polygonen Steinblöcken ohne eine Verbindung von Mörtel errichtet sind, später dagegen (zu Volterra, Cortona, Papulonia) horizontale Lagerung der Steine, jedoch keinen regelmäßig wechselnden Fugenschnitt zeigen. Die wichtigsten architektonischen Leistungen der Etrusker sind die gewölbten Bauten und wegen dieser sind die Etrusker als Erfinder des eigentlichen Bogen- oder Gewölbebaues, des durch keilförmige Steine gebildeten Bogens, zu betrachten.
Mehrere gewölbte etruskische Bauten sind auf uns gekommen, wie: einige alte Stadtthore (zu Volterra, Perugia) und die großartigen unterirdischen Abzugskanäle zu Rom (unter der Herrschaft der Tarquinischen Könige gegen Anfang des 6. Jahrh. v. Chr. aufgeführt), die sich in einen Hauptkanal, die Cloaca maxima, vereinigen, welcher mit einer Breite von 20 Fuß in die Tiber einmündet. – Merkwürdig ist, daß die Etrusker beim Tempelbau die Wölbung noch unberücksichtigt ließen. Ihre Tempel haben Aehnlichkeit mit den griechischen, denn sie bestanden aus einer säulengetragenen Vorhalle, einer Cella für das Götterbild und einem giebelförmigen Dache.
Sie unterscheiden sich aber dadurch, daß sie mehr ein Quadrat bildeten, nur an der Vorderseite eine, aber eine sehr tiefe Säulenhalle (Anticum) hatten, daß ihnen die hypäthrale Anlage fehlte, und daß sie ein von Holzbalken gebildetes Vordach von beträchtlicher Tiefe besaßen. Uebrigens hatte das ganze Bauwerk einen nüchternen, unlebendigen Ausdruck, der durch das hohe weitvorspringende Dach noch verstärkt wurde. Die weit von einander abtretenden Säulen, welche entfernt an die dorischen erinnerten, hatten eine Basis von ungeschickter Gestalt, deren Hauptglied aus einem schwerfälligen Wulst bestand, auf welchem eine schmale Platte lag. Am Kapitäl finden sich alle Elemente des dorischen, die Platte war aber hoch, der schwächliche Echinus breit ausladend, die den Schaft der viel zu schlanken Säule umgebenden Ringe stumpf profilirt. Vitruv’s Ausspruch: „daß der etruskische Tempel niedrig, breit, gespreizt und schwerköpfig“, ist deshalb nicht unpassend. – Unter den erhaltenen etruskischen Denkmälern nehmen die Grabmäler einen vorzüglichen Platz ein, welche theils ausgedehnte unterirdische, in dem Gesteine des Gebirges ausgehöhlte Grabkammern darstellten, theils zu Tage tretend mit einer, dem schräg aufsteigenden Felsen aufgemeiselten Tempelfaçade geschmückt sind, theils ohne unterirdische Anlage thurmähnliche Werke waren (wie die Cucumella bei Volci, das sogen. Grab der Horatier und Kuriatier bei Albano).
Die Römer, ein Volk von vorwiegend praktischer, verständiger Richtung und herrschbegierigem Sinne, zeigten in ihrem Charakter, und ebenso in ihrer Architektur, das Wesen der Etrusker in konsequenterer, höherer Ausprägung. Hier wie dort ein Sinn, der sich vorzugsweise den äußern Zwecken des Lebens, der Herrschaft und des Besitzes hingibt, der aber in der Architektur der Römer noch weniger ein selbstständiges, originales künstlerisches Genie zeigt und diese deshalb anfangs zu Schülern der Etrusker, später zu Nachahmern der Griechen macht. Während aber die griechische Baukunst eine ideale Höhe einnahm und uns aus den Bedürfnissen und Schranken des alltäglichen Lebens hinausführt
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_099.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)