Verschiedene: Die Gartenlaube (1855) | |
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Die Erhaltung des Kindes im zweiten Kindesalter verlangt, wie die im ersten Kindesalter: eine reizlose, nahrhafte, leicht verdauliche, gehörig fett- und salzhaltige Kost aus thierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln neben hinreichendem Genusse von Flüssigkeit (Milch oder Wasser); sodann freie Luft (bei Tag und Nacht) und Aufenthalt mit Bewegung im Freien so oft als möglich; gehörige Reinigung der Haut (durch Waschungen und Bäder); hinreichenden Schlaf oder doch Ruhen nach Körperanstrengungen und die größte Schonung der Sinnesorgane (s. Gartenl. Jahrg. II. Nr. 40). Hinsichtlich des Warmhaltens, was in den früheren Lebensjahren das Gesundbleiben außerordentlich unterstützt, so können jetzt die ersten Anfänge zur allmäligen Abhärtung dadurch gemacht werden, daß zu den Bädern und Waschungen zuerst laues, dann kühles und endlich kaltes Wasser (Flußbad) verwendet, sowie die Kleidung nach und nach immer dünner gewählt wird. Ein plötzlicher Uebergang von der warmen zur kalten Behandlung des Kindes taugt durchaus nichts, und letztere verfehlt dann nicht nur ihren Zweck ganz und gar, sondern kann auch als widernatürliches Reizmittel wirken und Blutarmuth (Bleichsucht), sowie nervöse Reizbarkeit veranlassen (s. Gartenl. Jahrg. II. Nr. 46).
Bei der Erziehung in diesem Lebensalter ist, wie überhaupt bei der Kindererziehung, die Hauptaufgabe der Erzieher: im Kinde neben Gehorsam die Ueberzeugung hervorzurufen, daß es nicht von einer schwachen Hand geleitet wird, welche bei seinen Launen schwankt oder seinem Widerstande weicht. Diese Ueberzeugung läßt sich aber recht leicht durch consequentes, gleichförmiges Benehmen der Erzieher gegen das Kind erwecken. Ueberhaupt müssen Aeltern durch ihre Handlungsweise dahin streben, daß im Kinde, welches jetzt ein ziemlich scharfes Auge für alle Fehler Derer hat, die es umgeben, niemals der Glaube an die mütterliche Unfehlbarkeit und väterliche Autorität erschüttert werde. Nichts dringt so sanft und so tief in die Seele des Kindes, als der Einfluß des Beispiels. Durch dieses muß jetzt das Kind auch lernen um Alles zu bitten und für Alles zu danken. – Was die körperliche Erziehung betrifft, die großentheils noch nach den für das erste Kindesalter gegebenen Regeln einzurichten ist, so müssen zuvörderst die verschiedenen Bewegungen des Kindes gehörig in’s Auge gefaßt und so geleitet werden, daß sie allmälig mit immer mehr Sicherheit, Ruhe, Geschicklichkeit, Anstand und Anmuth geschehen. Zu diesen Bewegungen gehören aber nicht blos die der Beine, Arme und des Rumpfes, sondern auch die des Kopfes, Gesichtes und der Sprachorgane. So ist z. B. beim Essen darauf zu halten, daß dasselbe nicht mit dem höchst widerlichen Schnalzen geschieht und daß feste Nahrungsmittel tüchtig zerkaut werden, daß beim Gehen Körper und Füße eine gute Haltung haben, daß kein entstellendes Mienenspiel zur Angewohnheit wird, daß sich die Sprache nicht mangel- oder fehlerhaft ausbildet u. s. f. Uebrigens sind alle anstrengenderen Bewegungen der Körperconstitution richtig anzupassen, wenn sie nicht Schaden bringen sollen (s. Gartenl. Jahrg. III. Nr. 7). Der Sinn für Reinlichkeit, Ordnungsliebe und Pünktlichkeit, wozu schon in dem ersten Kindesalter der Grund gelegt werden muß, kann bei Kindern gar nicht stark genug ausgebildet werden, da er den meisten Einfluß auf das spätere geschäftliche Leben hat. Deshalb halte man auf Rein- und Guterhalten des Spielzeuges und der Kleidung, auf das Aufräumen der Sachen, sowie auf Pünktlichkeit im Essen, Schlafen, Ankleiden des Kindes, überhaupt auf Regelmäßigkeit in der Lebensordnung. – Die geistige Erziehung darf sich, was die Bildung des Verstandes betrifft, immer nur noch auf die Ausbildung der Sinne, sowie auf längere Fesselung der Aufmerksamkeit des Kindes auf Gegenstände beschränken; es kann jedoch schon angefangen werden, die von Naturgegenständen im Gehirne erzeugten Sinneseindrücke (Hirnbilder) zur Bildung des Gedächtnisses und Vorstellungsvermögens, überhaupt zum Denkenlernen zu verwenden. Doch ist bei diesem geistigen Thätigsein die körperliche Beschaffenheit des Kindes wohl zu beachten. Ueberanstrengungen des Gehirns können zu Hirnkrankheiten und Geistesschwäche führen.
Der Wille läßt sich durch Ueberwinden von Hindernissen, Furcht und unangenehmen Zuständen immer mehr kräftigen, denn erweckt mußte er schon im ersten Kindesalter werden. Nur hüte man sich das Kind zu erschrecken, denn der Schreck erregt Furcht und diese macht das Kind feige und heuchlerisch. Natürlich ist der Wille zur Ausübung des Guten, zu Thaten der Menschenliebe zu erziehen. Am leichtesten erleidet jetzt das Gefühl oder Gemüth eine verkehrte Erziehung, wenn nämlich die Empfindungsthätigkeit des Gehirns, ohne gleichzeitige zweckmäßige Verstandes- und Willensanregung (zur richtigen Beurtheilung, sowie zur verständigen Bekämpfung und Beseitigung der Gefühlseindrücke), vorzugsweise angeregt und unterhalten wird. Man glaubt dadurch gefühlvolle Menschen zu erziehen, bildet aber sentimentale Schwärmer, die für das praktische Leben untauglich, weder sich selbst noch Anderen vernünftig zu rathen und zu helfen im Stande sind. Ebenso nachtheilig für die Zukunft des Kindes kann es werden, wenn durch öfteres Erzählen von Geister-, Feen-, Räuber- und anderen Geschichten die Einbildungskraft desselben widernatürlich ausgebildet und das Gemüth für romanhafte Auffassungen und Aberglauben empfänglich gemacht wird. Dagegen läßt sich ein fester Grund zur ächten Religiosität und Moralität dadurch legen, daß man im Kinde Ehrgefühl (ja nicht etwa Ehrfurcht) und das Gewissen zu entwickeln sucht, von denen das erstere den Menschen zwingt, das Rechte und Gute ohne alle Nebenabsicht und Eigennutz blos aus Selbstachtung zu thun, das letztere aber bei Vergehungen ein unbestechlicher Richter ist. Ein ehrenwerther Mensch wird niemals das Böse der Strafe wegen meiden und Gutes der Belohnung halber thun. Man kann jetzt bisweilen das Kind hinsichtlich seiner Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe auf die Probe stellen, doch muß dies mit großer Vorsicht und Umsicht geschehen, da hierbei gar zu leicht fehlgegriffen wird.
Die Krankheiten des zweiten Kindesalters sind fast dieselben, wie im ersten Kindesalter (s. Gartenl., Jahrg. III. Nr. 9.), also vorzugsweise: entzündliche Affectionen der Athmungsorgane mit Husten; Magen- und Darmentzündungen mit Durchfall und Brechen; Blutarmuth mit Schiefwerden in Folge falscher Ernährung; Hüftgelenksentzündung mit freiwilligem Hinken und heftigem Knieschmerz; hitzige Hautausschläge, besonders Scharlach und Masern; die sogen. scrophulösen Leiden.
Zehnter Brief.
Wir nennen die Verbrennung einen chemischen Prozeß (Vorgang), weil sie in der That auf nichts Anderem beruht als einer Verbindung des Sauerstoffes der Luft mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff der Brennmaterialien. Bei einigen Körpern und unter gewissen Umständen ist die Einwirkung des Sauerstoffs so energisch, daß augenblicklich oder nach einiger Zeit schon bei gewöhnlicher Temperatur Feuer zum Vorschein kommt. Diese Erscheinungen sollen uns später Stoff zu einer besonderen Unterhaltung geben. Unsere gewöhnlichen Brennstoffe besitzen keine große Neigung, sich mit dem Sauerstoff zu verbinden, daher müssen wir hier den chemischen Vorgang einleiten und sein Fortschreiten unterstützen. Wir setzen das Holz, den Torf oder jedes andere Material in Brand, d. h. wir erhitzen es auf einen gewissen Grad und rufen dadurch die chemische Veränderung hervor. Ein jeder weiß, daß sich die verschiedenen Brennstoffe schwerer oder leichter entzünden lassen, selbst dann, wenn wir von dem Wassergehalt absehen und das eine Stück genau so groß ist und dieselbe Form besitzt wie das andere. Der Grund hiervon ist die größere oder geringere Dichte, mit der die einzelnen kleinsten Theilchen vereinigt sind, dann aber auch die chemische Zusammensetzung, der Gehalt
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_134.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)