Anonym: Edda | |
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der ihn vergeblich zurückgewiesen und erst nach langem Gespräch als den erwarteten Bräutigam seiner Herrin erkannt hat, ihn bei dieser anmeldet, wird er von der Geliebten, nachdem auch ihre Zweifel beseitigt sind, mit offenen Armen empfangen. Wir sehen also im Wesentlichen dasselbe Thema wiederkehren, das auch in Skirnisför behandelt wird: die Befreiung der Erdgöttin, als welche hier Freyja (Menglada) wie dort Gerda erscheint. Zwar ist nirgends ausdrücklich gesagt, daß sie sich in der Haft der Frostriesen befinde, aber ihr Sitz wird ein Riesensitz genannt und der vorgegebene Name Windkaldr, sowie die windkalten Wege, welche ihn nach Str. 47 herbeiführen, deuten an, daß es der Winter war, der ihrer Verbindung mit Swipdagr, ihrem Verlobten (Str. 42) entgegenstand. Dagegen ist auch hier die Unterwelt und fast auf gleiche Weise wie dort, durch die Waberlohe Str. 1. 5. 31, das Gitter Str. 9, und die Hunde Str. 13, gekennzeichnet. Was dem gleichwohl entgegen zu stehen scheint, wird nicht verschwiegen werden. Swipdagrs Wiedervereinigung mit Menglada scheint demnach der eigentliche Inhalt, eingekleidet in das Gespräch zwischen dem Gast und dem Wächter, in welchem wir über die Burg und ihre Umgebung räthselhafte Auskunft erhalten. Bei einer nähern Inhaltsangabe wird sich manche Erläuterung einflechten laßen.
In den ersten Strophen sehen wir einen Fremdling einer hochgelegenen Burg nahen, die gleich jener Brynhilds oder Gerdas mit Waberlohe umschlagen ist. Ein Wächter, der sich Fiölswidr (vielwißend) nennt, weist erst den Wanderer zurück und fragt ihn, als er nicht weichen will, nach seinem Namen: dieser nennt darauf (Str. 6) diesen so wie den seines Vaters und Großvaters; aber nicht die wirklichen, wie wir nachher erfahren, sondern erfundene, die sein Wesen verhüllen und doch vielleicht andeuten sollen. Der Name Windkaldr (windkalt), den er sich selber beilegt, erinnert an Windswalr, wie nach D. 19 der Vater des Winters heißt. Warkaldr, der Name des Vaters, bedeutet Frühlingskalt, der des Großvaters Fiölkaldr erklärt sich selbst. Der Fremdling legt nun eine Reihe Fragen über die Burg und ihre Besitzerin vor, welche Fiölswidr beantwortet. Als den Namen jener lernen wir nun Str. 8 Menglada, die Tochter Swafrs, des Sohnes Thorins, kennen. Den ersten Namen haben wir schon erklärt. Die Deutung des andern hat große Bedenken. Thorin (audax) heißt Einer der Zwerge in der Wöluspa; Swafr wird vibrans übertragen, mag aber mit at svafa einschläfern, und Odhins Namen Swafnir zusammenhängen. Der Name des Gitters, dem die nächste Frage Str. 9 gilt, bedeutet Donnerschall; Solblindi, dessen drei Söhne es gemacht haben sollen, kann nur sonnenblind
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/416&oldid=- (Version vom 18.8.2016)