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Seite:Die Edda (1876).djvu/302

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Anonym: Edda

Schwarz wird die Sonne,   die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel fallen   die heitern Sterne;
Glutwirbel umwühlen   den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe   beleckt den Himmel.


Auch heißt es so:


Widgrid heißt das Feld,   wo sich finden zum Kampf
Surtur und die selgen Götter.
Hundert Rasten   hat er rechts und links:
Solcher Walplatz wartet ihrer.


52. Da fragte Gangleri: Was geschieht hernach, wenn Himmel und Erde verbrannt sind und alle Welten und die Götter alle todt sind und alle Einherier und alles Menschenvolk? Ihr habt vorhin doch gesagt, daß ein jeder Mensch in irgend einer Welt leben soll durch alle Zeiten. Har antwortete: Es giebt viel gute und viel üble Aufenthalte; am besten ists, in Gimil zu sein. Sehr gut ist es auch für die, welche einen guten Trunk lieben, in dem Saale, der Brimir heißt und gleichfalls im Himmel steht. Ein guter Saal ist auch jener, der Sindri heißt und auf den Nidabergen steht, ganz aus rothem Gold gebaut. Diese Säle sollen nur gute und rechtschaffene Menschen bewohnen. In Nastrand (Leichenstrand) ist ein großer aber übler Saal, dessen Thüren nach Norden sehen. Er ist mit Schlangenrücken gedeckt, und die Häupter der Schlangen sind alle in das Haus hineingekehrt und speien Gift, daß Ströme davon durch den Saal rinnen, durch welche Eidbrüchige und Meuchelmörder waten, wie es heißt:


Einen Saal seh ich,   der Sonne fern,
In Nastrand; die Thüren   sind nordwärts gekehrt.
Gifttropfen fallen   durch die Fenster nieder;
Aus Schlangenrücken   ist der Saal gewunden.
Im starrenden Strome   stehn da und waten
Meuchelmörder   und Meineidige.


Aber in Hwergelmir ist es am Schlimmsten:


Da saugt Nidhöggr   der Entseelten Leichen.


53. Da sprach Gangleri: Leben denn dann noch Götter und giebt es noch eine Erde oder einen Himmel? Har antwortete: Die Erde taucht aus der See auf, grün und schön, und Korn wächst darauf ungesät. Widar und Wali leben noch, weder die See noch Surturs Lohe hatte ihnen geschadet.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/302&oldid=- (Version vom 31.7.2018)