Anonym: Edda | |
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daß er sich vorsetzte zu versuchen ob er mit der Midgardschlange nicht zusammentreffen möchte, was seitdem geschah. Nun glaube ich, daß dir Niemand Genaueres von dieser Fahrt Thors sagen könne.
48. Da sprach Gangleri: Ein gewaltiger Mann muß Utgardloki sein, und viel mit Täuschung und Zauberei vermögen und seine Gewalt scheint um so größer als er Hofleute hat, die große Macht besitzen. Aber hat dieß Thor auch gerochen? Har antwortete: Es ist nicht unbekannt, selbst den Ungelehrten, wie Thor für die Reise, die nun erzählt ward, Ersatz nahm. Er weilte nicht lange daheim, sondern griff so hastig zu dieser Fahrt, daß er weder Wagen noch Böcke noch Reisegesellschaft mitnahm. Er ging aus über Midgard als ein junger Gesell, und kam eines Abends zu einem Riesen, der Ymir hieß. Da blieb Thor und nahm Herberge. Aber als es tagte, stand Ymir auf und machte sich fertig, auf die See zu rudern zum Fischfang. Thor stand auch auf und war gleich bereit und bat, daß Ymir ihn mit sich auf die See rudern ließe. Ymir sagte, er könne nur wenig Hülfe von ihm haben, da er so klein und jung sei „und es wird dich frieren, wenn ich so weit hinausfahre und so lange außen bleibe wie ich gewohnt bin.“ Aber Thor sagte: er dürfe um deswillen nur immer recht weit hinausfahren, da es noch ungewiss sei wer von ihnen beiden zuerst auf die Rückkehr dringen werde; und zürnte Thor dem Riesen so, daß wenig fehlte, er hätte ihn seinen Hammer fühlen laßen. Doch unterließ er es, weil er seine Kraft anderwärts zu versuchen gedachte. Er fragte Ymir, was sie zum Köder nehmen wollten, und Ymir sagte, er solle sich selber einen Köder verschaffen. Da ging Thor dahin, wo er eine Heerde Ochsen sah, die Ymirn gehörte, und nahm den grösten Ochsen, der Himinbriotr (Himmelsbrecher) hieß, riß ihm das Haupt ab und nahm das mit an die See. Ymir hatte das Boot unterdes ins Waßer geflößt. Thor ging an Bord, setzte sich hinten ins Schiff, nahm zwei Ruder und ruderte so, daß Ymir gedachte, von seinem Rudern habe er gute Fahrt. Ymir ruderte vorn, so daß sie schnell fuhren. Da sagte Ymir, sie wären nun an die Stelle gekommen, wo er gewohnt sei zu halten und Fische zu fangen. Aber Thor sagte, er wolle noch viel weiter rudern: sie fuhren also noch lustig weiter. Da sagte Ymir, sie wären nun so weit hinausgekommen, daß es gefährlich wäre, in größerer Ferne zu halten wegen der Midgardschlange. Aber Thor sagte, er werde noch eine Weile rudern und so that er, womit Ymir übel zufrieden war. Endlich zog Thor die Ruder ein, und rüstete eine sehr starke Angelschnur zu, und der Hamen daran war nicht kleiner oder schwächer. Thor steckte den Ochsenkopf an die Angel,
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/293&oldid=- (Version vom 31.7.2018)