Anonym: Edda | |
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Andern auszeichnete. Da sprach Loki, welcher der hinterste war: Eine Kunst versteh ich, die ich bereit bin zu zeigen: Keiner soll hier innen sein, der seine Speise hurtiger aufeßen möge als ich. Da versetzte Utgardloki: Das ist wohl eine Kunst, wenn du sie verstehst, und das wollen wir nun versuchen. Da rief er nach den Bänken hin, daß Einer, Logi geheißen, auf den Estrich vortrete, sich gegen Loki zu versuchen. Da ward ein Trog genommen und auf den Boden der Halle gesetzt und mit Fleisch gefüllt: Loki setzte sich an das eine Ende und Logi an das andere, und aß Jedweder aufs Hurtigste bis sie sich in der Mitte des Trogs begegneten. Da hatte Loki alles Fleisch von den Knochen abgegeßen, aber Logi hatte alles Fleisch mitsamt den Knochen verzehrt und den Trog dazu. Alle bedaucht es nun, daß Loki das Spiel verloren habe. Da fragte Utgardloki, auf welche Kunst jener junge Mann sich verstände. Da sagte Thialfi, er wolle versuchen, mit einem Jeden um die Wette zu laufen, den Utgardloki dazu ausersehe. Utgardloki sagte, das sei eine gute Kunst; er müße aber sehr geübt zu sein glauben in der Hurtigkeit, wenn er in dieser Kunst zu siegen hoffe, und der Versuch sollte nun sogleich vor sich gehen. Da stand Utgardloki auf und ging hinaus, und war eine gute Rennbahn auf ebenem Felde. Utgardloki rief nun einen jungen Burschen herbei, der sich Hugi nannte, und gebot ihm, mit Thialfi um die Wette zu laufen. Da begannen sie den ersten Lauf und war Hugi so weit voraus, daß er am Ende der Bahn sich umwandte dem Loki entgegen. Da sagte Utgardloki: Du must dich beßer ausstrecken, Thialfi, wenn du das Spiel gewinnen willst; aber doch ist es wahr, daß noch Keiner hieher gekommen ist, der mich fußfertiger dauchte. Sie begannen nun den zweiten Lauf, und als Hugi ans Ende der Bahn kam und sich umwandte, war Thialfi noch einen guten Pfeilschuß zurück. Da sagte Utgardloki: Das dünkt mich gut gelaufen; aber ich glaube nun kaum mehr, daß er das Spiel gewinnen wird; das wird sich nun zeigen, wenn sie den dritten Lauf rennen. Da nahmen sie nochmals ein Ziel und als Hugi ans Ende der Bahn gekommen war und sich umkehrte, war Thialfi noch nicht in die Mitte der Bahn gekommen. Da sagten Alle, sie hätten sich in diesem Spiele nun genug versucht. Da fragte Utgardloki den Thor, welche Kunst das sei, worin er sich vor ihnen hervorthun wolle, nachdem die Leute von seinen Großthaten so viel Rühmens gemacht hätten. Da antwortete Thor, am Liebsten wolle er sich im Trinken meßen mit Wem es auch sei. Utgardloki sagte, das möge wohl geschehen. Er ging in die Halle, rief seinen Schenken und befahl ihm, das Horn zu bringen, woraus seine Hofleute zu trinken pflegten. Bald darauf kam der Mundschenk
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/289&oldid=- (Version vom 31.7.2018)