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Seite:Die Edda (1876).djvu/224

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Anonym: Edda

33. Oddrûnargrâtr.
Oddruns Klage.

Heidrek hieß ein König, seine Tochter hieß Borgny und Wilmund ihr Geliebter. Sie konnte nicht gebären bis Oddrun hinzu kam, Atlis Schwester. Die war Gunnars Geliebte gewesen, des Sohnes Giukis. Von dieser Sage ist hier die Rede.


1
Ich hörte sagen   in alten Geschichten,

Daß eine Maid kam   gen Morgenland.
Niemand wuste   auf weiter Erde
Der Tochter Heidreks   Hülfe zu leisten.

2
Das hörte Oddrun,   Atlis Schwester,

In schweren Wehen   winde die Jungfrau sich.
Sie zog aus dem Stalle   den scharfgezäumten
Und schwang dem Schwarzgaul   den Sattel auf.

3
Sie spornte den schnellen   den ebnen Sandweg

Bis sie die hohe   Halle stehn sah.
Von des Rosses Rücken   riß sie den Sattel,
Trat ein und schritt   den Saal entlang.
Dieß war das erste   Wort, das sie sprach:

4
In diesen Gauen   giebt es was Neues?

Was hört man Gutes   in Hunnenland?


Eine Magd sprach:
5
Borgny liegt hier   überbürdet mit Schmerzen,

Deine Freundin, Oddrun:   eil ihr zur Hülfe.


Oddrun.
6
Welcher der Fürsten   fügte den Schimpf dir?

Warum ist so bitter   Borgnys Qual?

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/224&oldid=- (Version vom 31.7.2018)