Anonym: Edda | |
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Einnächtgem Eis, geringelter Natter,
Bettrede der Braut, bruchigem Schwert,
Kosendem Bären und Königskinde;
Wahrsagendem Weib, auf der Walstatt Besiegtem,
Heiterm Himmel, lachendem Herrn,
Hinkendem Köter und Trauerkleidern;
Halbverbranntem Haus, windschnellem Hengst,
(Bricht ihm ein Bein, so ist er unbrauchbar):
Dem Allen soll Niemand voreilig trauen.
Noch altklugem Kind.
Wetter braucht die Saat und Witz das Kind:
Das sind zwei zweiflige Dinge.
Gleicht unbeschlagnem Ross auf schlüpfrigem Eis,
Muthwillig, zweijährig, und übel gezähmt;
Oder steuerlosem Schiff auf stürmender Flut,
Der Gemsjagd des Lahmen auf glatter Bergwand.
Der Mann ist dem Weibe wandelbar;
Wir reden am Schönsten, wenn wir am Schlechtesten denken:
So wird die Klügste geködert.
Wer des Mädchens Minne will,
Den Liebreiz loben der leuchtenden Jungfrau:
So fängt sie der Freier.
An dem andern Mann.
Oft feßelt den Klugen was den Thoren nicht fängt,
Liebreizender Leib.
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/056&oldid=- (Version vom 31.7.2018)