In solchen traulichen Weinkneipen, in goldklarem Helldunkel der Weinlaune sind sonst wohl die schönsten, deutschen Lieder gedichtet und gesungen worden.
Da sitzt das lustige Gemüth an seiner Staffelei. Er ist sehr fleißig, denn er braucht Weinstoff – Geld. Er zeigt uns mehr den Rücken als sein Gesicht, und die rothe Mütze auf dem Kopfe, das Zeichen seiner humoristischen Sehnsucht nach dem Weinhause. Sein Farbenreiber im Hintergrunde des Zimmers muß arbeiten, als gälte es seine Seele mit hineinzureiben. Wie so hübsch liederlich steht und liegt Alles umher, und so wirklich und wahrhaftig, daß man meint, um die Gegenstände herumgehen zu können. Das kommt Einem Alles so heimisch vor, zumal, wenn man selbst ein Künstler oder gar Poet ist. Je länger man da hineinblickt, desto mehr glaubt man sich zu besinnen, daß man in diesem Zimmer schon früher einmal gewesen ist. Das große Bogenfenster mit dem dicken Kreuze von Eichenholz und den runden und eckigen Glasscheibchen in Bleieinfassung wie ein Spinnenwebennetz, davor gleich mit aufgemauert die Fensterbank, auf welcher es sich so traulich sitzen läßt, die Aussicht in den Bohnengarten durch das Fenster hinaus, – das Alles muß man schon einmal irgendwo in Niedersachsen gesehen haben, ist man dort gewesen!
Julius Mosen: Die Dresdener Gemälde-Galerie. Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1844, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Dresdener_Gem%C3%A4lde-Galerie_(Mosen).pdf/133&oldid=- (Version vom 31.7.2018)