Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen | |
|
sichere Verträge schließt. 655 Auch wird er dies alles nicht nach eigenem Rate thun, 656 sondern den guten Beschlüssen des großen Gottes folgend. 657 ’Der Tempel‘[1] aber des großen Gottes [wird sein] von herrlichem Reichtume 658 strotzend, von Gold und Silber und purpurnen Schmuck, 659 und die Erde ihre Früchte bringend, und das Meer 660 voll von Gütern. Und es werden die Könige anfangen, 661 einander zu grollen, ... Böses im Herzen. 662 Der Neid ist nichts Gutes für die elenden Sterblichen. 663 Aber wiederum werden die Könige der Völker gegen dieses Land 664 insgesamt einen Ansturm machen, sich selbst den Tod bringend. 665 Denn den Tempel des großen Gottes und die trefflichsten Männer 666 werden sie verderben wollen. Wenn sie in das Land gekommen sind, 667 werden die schändlichen Könige rings um die Stadt 668 jeder seinen Thron ’aufstellen‘[2], bei sich habend sein ungehorsames (?) Volk. 669 Und Gott wird mit lauter Stimme reden zu dem ganzen 670 unerzogenen, eitel denkenden Volk, und das Gericht wird ihnen 671 kommen vom großen Gott, und sie werden alle umkommen 672 durch die unsterbliche Hand. Vom Himmel werden 673 feurige Schwerter auf die Erde fallen; wiederum große Fackeln 674 werden kommen, mitten unter die Menschen hineinleuchtend. 675 Die allesgebärende Erde wird in jenen Tagen bewegt werden 676 durch die unsterbliche Hand, und die Fische im Meer 677 und alle Tiere der Erde und die unzähligen Arten der Vögel 678 und alle Seelen der Menschen und das ganze Meer 679 wird schaudern vor dem unsterblichen Antlitz, und es wird Schrecken sein. 680 Die jähen Gipfel der Berge und die ungeheuren Hügel 681 wird er zerreißen, und das schwarze Dunkel wird allen sichtbar sein. 682 Neblige Schluchten in den hohen Bergen 683 werden voll von Leichen sein; es werden strömen die Felsen 684 von Blut, und jeder Gießbach wird die Ebene füllen. 685 Die schöngebauten Mauern der feindseligen Männer werden alle zu Boden fallen, 686 weil sie das Gesetz des großen Gottes 687 und sein Gericht nicht erkannt haben, sondern in thörichtem Sinn 688 ihr alle im Ansturm gegen den Tempel die Lanzen erhobt. 689 Und Gott wird Alle richten mit Krieg und Schwert 690 und Feuer und [alles] überschwemmendem Regen, und es wird 691 Schwefel vom Himmel kommen, dazu Sturm und Hagel, 692 viel und hart; Tod wird über das Vieh kommen. 693 Und dann werden sie den unsterblichen Gott erkennen, der dies ’vollendet‘[3]. 694 Wehklagen und Kampfgeschrei zugleich wird auf der unendlichen Erde 695 ’sein‘[4], indem die Männer umkommen, und alle ’Gießbäche‘[5] werden 696 mit Blut ’strömen‘[6]. Auch die Erde selbst wird trinken 697 von dem Blute der Umkommenden; die wilden Tiere werden sich sättigen am Fleische.
698 Er selbst, der große und ewige Gott, hat mir geboten, dies alles 699 zu weissagen. Es wird dies nicht unerfüllt bleiben 700 noch unvollendet, was er nur in seinem Geiste beschlossen hat; 701 denn untrüglich ist der Geist Gottes in der Welt.
702 Aber die Söhne des großen Gottes werden um den Tempel herum alle 703 ruhig wohnen, sich erfreuend an dem, 704 was [ihnen] der Schöpfer und gerecht richtende Alleinherrscher geben wird. 705 Denn er selbst wird sie bedecken, ’der Mächtige mächtig‘[7] ihnen zu Seite tretend, 706 gleichsam ringsherum eine Mauer habend von brennendem Feuer. 707 Ohne Krieg werden sie sein in den Städten und in den Dörfern. 708 Denn nicht die Hand des böses Kriegs [wird gegen sie sein], sondern gar sehr wird ihnen 709 der Unsterbliche selbst ein Beschützer sein und die Hand des Heiligen. 710 Und dann werden alle Inseln und Städte sagen, 711 wie sehr der unsterbliche ’Gott‘[8] jene Männer liebt; 712 denn Alles wirkt[9] für sie mit
- ↑ Meineke; Hdschr. „das Volk“; M. versteht darnach 658 „von Porphyr“.
- ↑ Rzach; vgl. Jer 1,15; Hdschr. „opfern“ oder mit anderer Korruptel.
- ↑ Opsopoeus; „richtet“ („richten wird“) Hdschr.
- ↑ Gfrörer; „kommen“ Hdschr.
- ↑ Konj.(ἄναυροι): Hdschr. „Stummen (ἄναυδοι) — sich waschen“.
- ↑ Siehe letzte Anmerkung.
- ↑ Hdschr. „allein und groß“ (Adverb.); verb. von Canter und Meineke.
- ↑ Meineke; Hdschr. Artikel zu „Männer“.
- ↑ συναγωνιᾶν (sich ängstigen für) muß hier gleich συναγωνίζεσθαι gebraucht sein.
Friedrich Blass (Übersetzer): Die Sibyllinen. Tübingen: Mohr Siebeck, 1900, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DieSibyllinenGermanBlassKautzsch2.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)