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Seite:Deutschland unter Kaiser Wilhelm II Band 3.pdf/213

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levana) durch Einwirkung niederer Temperatur auf ihr Puppenstadium in eine anders gefärbte Variation (Vanessa prorsa) umwandeln kann, was in diesem Fall allerdings einem Rückschlag auf die Stammform entsprechen dürfte. Ähnliche Versuche, durch Einwirken veränderter Lebensbedingungen (Erniedern oder Erhöhen der Temperatur) die Ausbildung der Art zu beeinflussen, sind auch an anderen Tagschmetterlingen, Spinnern und Spannern, mit Erfolg vorgenommen worden und führten sogar zur Vererbung der auf diese Weise hervorgerufenen Eigenschaften (Standfuß, A. Fischer, C. Schröder). Daß die Tiere und besonders die Insekten derartigen Beeinflussungen zugänglich sind, zeigt das (nach den Versuchen von W. Tower) recht bekannt gewordene Verhalten des Koloradokäfers, dessen Puppen in früherem Entwicklungsstand ebenfalls durch Temperaturerhöhung und Erniedrigung, sowie durch Regulieren des Feuchtigkeitsgehaltes der umgebenden Luft zum Ändern der Färbung des Käfers veranlaßt werden können.

In dieses Gebiet gehören auch die an Daphniden angestellten Versuche Wolterecks, bei denen diese kleinen sogenannten „Wasserflöhe“ durch das Übertragen in andere Umgebung, also durch Einwirken der äußeren Lebensbedingungen nicht nur ihre Gestalt in gewissen Merkmalen änderten, sondern auch diese veränderten Merkmale beibehielten, wenn sie in die frühere Umgebung zurückgebracht wurden.

In ähnlicher und besonders sinnreicher Weise konnte man bei Amphibien gewisse Änderungen der Arteigentümlichkeiten hervorrufen, wie dies besonders die neueren Versuche von P. Kammerer gelehrt haben. Der im wasserarmen Hochgebirge zur Viviparität genötigte schwarze Alpensalamander, Salamandra atra, kann durch geeignete Behandlung in feuchter Atmosphäre veranlaßt werden, anstatt der beiden ganz ausgebildeten Jungen eine größere Zahl gefleckter mit Kiemen und Ruderschwanz versehener Larven hervorzubringen. Umgekehrt wurde der gewöhnlich in feuchter Umgebung lebende gefleckte Feuersalamander (Salamandra maculosa) durch Wasserentziehung dazu gebracht, anstatt der großen Zahl kiementragender Larven nur wenige, bei längerem Gewöhnen nur bis zwei Larven hervorzubringen, die als ganz ausgebildete (Vollmolche) geboren werden. Die beiden Molcharten werden also auf experimentellem Wege einander in ihren Eigenschaften näher gebracht; es wird eine Änderung gewisser Artmerkmale erzielt, die in den folgenden Generationen einer Steigerung fähig, also vererblich ist und erhalten bleibt.

Ähnliche Ergebnisse wurden durch Kammerers Versuche an der Geburtshelferkröte erzielt, die durch Einwirkung höherer Temperatur in der Art ihrer Eiablage wesentlich beeinflußt werden konnte, wie dies auch bei der Bergeidechse der Fall war, welche durch Anwendung erhöhter Temperatur zum Eierlegen genötigt werden kann, während sie für gewöhnlich lebendige Junge hervorbringt.

Vererbungslehre.

Damit gelangten wir schon längst in das Gebiet der Vererbungslehre, die zurzeit wie in den vergangenen Jahrzehnten eifrigst gepflegt wird und nach verschiedenen Richtungen zu sehr bemerkenswerten Resultaten führte. Diesen Ergebnissen innerhalb des hier zur Verfügung stehenden

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/213&oldid=- (Version vom 20.8.2021)