Ein Basrelief in buntem Wachs, ein Weib vorstellend, welche eine Lyra hält, von Herrn Micksch.
Es ist längst zum Grundsatz angenommen, daß der gute Geschmack keine Malerei an erhobenen menschlichen Figuren gestatte. Wir wunderten uns daher wohl zuweilen schon, wenn Herr Micksch mit Portraits en Basrelief auftrat, in denen wir Fleisch und Gewänder in ihren eigenthümlichen Farben sahen. Doch fiel uns der Fehler nicht sonderlich auf. Vielleicht, weil wir uns die heutige Kleidertracht auch ohne Farbe, auf einem Werke der Bildnerey nicht viel glücklicher vorstellen konnten, oder weil Herr Micksch durch eine überaus gefällige Behandlung unser Auge bestach. Bei seinem dießjährigen Werke aber erschraken wir wirklich, ja, wir würden es für die Darstellung einer Pariser Poißarde gehalten haben, die bei einem Gelage ihre Kleider verlohr, wenn die Leier mit Minervens Vogel geschmückt, welche diese Figur in der Hand hält, nicht auf ein besseres Wesen hingedeutet hätte. Herr Micksch hat ein historisches Portrait zu machen geglaubt, und
Unbekannt: Die Kunstausstellung zu Dresden im Jahre 1800. Arnold und Pinther, Pirna 1800, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Kunstbl%C3%A4tter_Die_Kunstausstellung_zu_Dresden_im_Jahre_1800.djvu/43&oldid=- (Version vom 22.9.2024)