südlich des Sees marschierten sie auf Bitlis. Aber es kam nicht zur Besetzung von Bitlis. Auch der Vorstoß in die Muschebene wurde wieder zurückgenommen. Die Russen kamen nicht, und damit versank die letzte Hoffnung auf Rettung.
Einmal hatte der deutsche Konsul aus Mosul wegen der Plünderungen und Massakers im Wilajet Bitlis bei den türkischen Behörden interveniert. Eine Zeitlang schien das Eindruck zu machen, es dauerte aber nicht lange, so war alles wieder beim alten.
Gouverneur von Bitlis war Mustafa Chalil, Schwager des Ministers des Innern Talaat Bey. In der Stadt und Umgegend hatte er bereits alle männlichen Armenier zwischen dem 20. und 45. Jahre zum Heeresdienste (d. h. zum Straßenbau und Lasttragen) ausheben lassen. Kirchen und Häuser der Armenier mußten für Einquartierung geräumt werden. Nach der Erklärung des Dschihad begannen die Mollahs, die Scheichs und die Banden, die von bekannten Räubern geführt wurden, ihre aufreizende Tätigkeit. Die Muhammedaner wurden bewaffnet, und in den Moscheen wurde der Christenhaß gepredigt. Schon in den Monaten Dezember und Januar kam es zu mancherlei Untaten. Türken aus Bitlis hatten eine kurdische Bande gebildet und belagerten das Dorf Urdap. Sie nahmen den Bauern Pallabech Karapet und einige andere gefangen, führten sie gefesselt in die Stadt und folterten sie, indem sie ihnen die Bärte ausrissen. Eine andere Bande von 300 Mann unter Führung des Chumadji Farso (eines Nachkommen des berüchtigten Kurdenscheichs Djelaleddin) und des Emirs Mehmed griff zehn armenische Dörfer im Gebiet von Gargar an, plünderte und verbrannte sie. Was nicht getötet wurde, floh nach Wan.
Im Juni fand ein Massaker in Bitlis statt. Die Armenier von Bitlis und aus den Dörfern um Bitlis
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/151&oldid=- (Version vom 31.7.2018)