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Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/148

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tragen. Schlecht genährt und ohne Schutz gegen Kurdenüberfälle, kam die Hälfte auf dem Wege um, oft kehrte auch nur ein Viertel zurück. Als nach den Kämpfen von Sarikamisch und Ardahan die Kaukasusarmee in Schnee und Eis einquartiert war, desertierten viele Soldaten. Aber auf fünf türkische Deserteure kam höchstens ein armenischer.

Einzelne Deserteure kehrten in ihre Dörfer zurück. Die Gendarmen gingen mit Listen von Deserteuren von Dorf zu Dorf, um die Auslieferung derselben zu verlangen. Zugleich nahmen sie Haussuchungen nach Waffen vor. Falls sich die Deserteure nicht fanden, wurden ihre Häuser niedergebrannt und ihre Äcker eingezogen. Diese Razzias, die die Gendarmen veranstalteten, führten gelegentlich zu Zusammenstößen. Anfang März kam so der Kommissar Razim Bey und der Mülasim Djevded Bey mit 40 Zaptiehs in das armenische Dorf Zronk. Bei einem Kugelwechsel mit einem Flüchtling wird einem Gendarmen das Pferd unter dem Leibe weggeschossen. Er kehrt in das Dorf zurück, nimmt ein gutes Pferd von den Bauern, läßt sich 40 türkische Pfund als Ersatz für das tote Pferd zahlen, 25 Häuser anzünden, die Männer des Dorfes über die Klinge springen und konfisziert die Äcker. In Armedan werden türkische Freiwillige in armenischen Häusern einquartiert. Zum Dank für die Verpflegung vergewaltigt der Anführer die Schwiegertochter seines Quartierwirtes. Ähnliche Dinge wiederholten sich in anderen Dörfern.

Die Kurden in den Bergen hatten keine Lust, in den Krieg zu ziehen. Sie zogen es vor, armenische Dörfer zu plündern. Das war weniger beschwerlich und gewinnbringender. Der Mutessarif von Musch schien die Kurden erst bestrafen zu wollen, erklärte aber dann, er könne nichts machen. Der Kurdenstamm Abdul Medschid von Melasgert besetzte die Berge von Tschur, plünderte die armenischen Dörfer und massakrierte die Einwohner. Ein anderer Kurde, der Bruder des Kurdenscheichs Musa Beg, wollte sich in seinem Gebiet die Plünderungen durch andere Kurden

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/148&oldid=- (Version vom 31.7.2018)