Zum Inhalt springen

Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/132

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„12 000 Granaten wurden gegen die Stadt gefeuert. Die Kanonenschüsse haben fast keine Verluste gebracht. Sie zerschossen am Tage die Häuser, aber in der Nacht wurden sie wieder instand gesetzt, so daß die Armenier kein Terrain verloren, dagegen wurden 20 türkische Häuser von ihnen neu besetzt. Den Hauptvorteil gewannen sie, als es ihnen am vierten Tage gelang, die Hamid-Agha-Kaserne in die Luft zu sprengen und niederzubrennen. Sie legten eine Bombe an die Grundmauer der Kaserne, die explodierte. Obwohl die Kaserne nicht zusammenstürzte, geriet sie in der Nacht plötzlich in Brand. Einige Soldaten verbrannten, die übrigen flohen im Schutz der Nacht. Durch Besetzung des Terrains dieser Kaserne waren die Armenier Herren von Aigestan. Die Stärke der Regierungstruppen überstieg nicht 6000 Mann, nur die Hälfte waren reguläre Truppen. Die Regierung versuchte alle Mittel, die Armenier zur Übergabe zu bewegen. Bis zur letzten Stunde wußten sie nichts von einem Entsatz.

Die Belagerung hatte genau 30 Tage gedauert. Auf armenischer Seite sind im ganzen nicht mehr als 18 gefallen, aber viele verwundet; die Verluste der Türken sollen beträchtlicher gewesen sein. Von den armenischen Stadtteilen verbrannten Glortach und Surb Hagop, ebenso mehre türkische Quartiere. Die türkischen Bewohner flohen nach Bitlis. Zehn Tage nach dem Einmarsch der russischen Vortruppen in Wan kam der General Nikolajeff mit dem Gros in die Stadt. Aram begrüßte ihn und sagte in seiner Ansprache: „Als wir vor einem Monat zu den Waffen griffen, rechneten wir nicht damit, daß die Russen kommen würden. Unsere Lage war damals verzweifelt. Wir hatten nur die Wahl, uns zu ergeben und uns wie die Schafe abschlachten zu lassen, oder mit klingendem Spiel im Kampfe zu sterben. Wir zogen das Letztere vor. Unerwartet wurden wir von Ihnen entsetzt, und jetzt sind wir Ihnen,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/132&oldid=- (Version vom 31.7.2018)