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Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/127

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Nordufer des nordöstlichen Ausläufers des Wansees, der See von Ardjesch genannt wird, bildet. Die alte Stadt, eine Residenz der armenischen Könige und des Seldschukken Toghrul Beg, ist vor 70 Jahren vom See überschwemmt worden, und der Name ist auf die neue Stadt (Agantz) übergegangen. Die Ebene von Ardjesch ist durch ihre Fruchtbarkeit und Melonenkultur berühmt.) Der Kaimakam von Ardjesch hatte die Männer von allen Handwerksgilden zusammengerufen. Da er immer freundlich gegen sie gewesen war, vertrauten sie ihm. Als sie alle beisammen waren, ließ er sie von den Soldaten niedermähen. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, entkam nur ein Mann und zwar dadurch, daß er sich die ganze Nacht unter einem Haufen von Leichen versteckt hielt.

Viele von den Flüchtlingen hatten nahe bei der Stadt in dem kleinen Dorf Schuschanty auf einem Berge, wo man einen Blick auf die Stadt hat, haltgemacht. Hier befahl ihnen Aram zu bleiben. Am 8. Mai stand das Dorf in Flammen, und ebenso verbrannte das danebenliegende Kloster Warak nebst seinen unersetzlichen alten Manuskripten. Jetzt kamen die Flüchtlinge in die Stadt. Der Wali Djevded schien seine Taktik geändert zu haben. Er ließ Frauen und Kinder zu Hunderten hereintreiben, damit sie die Hungersnot in der Stadt vermehren hülfen. Dank der Mobilisation im vorigen Herbst waren die Weizenvorräte in „den Gärten“ schon im Anfang sehr zusammengeschmolzen und nun, da zehntausend Flüchtlingen eine tägliche Ration gegeben wurde – wenngleich eine Ration, die kaum zur Erhaltung des Lebens genügte –, neigten sich die Vorräte schleunigst ihrem Ende zu. Auch die Munition wurde knapp. Die Aussichten schienen sehr trübe. Djevded konnte viele Leute und Munition von anderen Städten heranschaffen. Wenn nicht von anderer Seite Hilfe kam, war es nicht möglich, die Stadt noch länger zu halten, und die Hoffnung auf solche Hilfe schien sehr schwach zu sein. Wir hatten keine Verbindung mit der

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)