zu weit ab, um das Rieseln des Sandes zu vernehmen.
Der Wüstenpirat schaute jetzt beruhigt schärfer nach dem glimmenden Lagerfeuer hinüber, sah die Lastkamele wiederkäuend am Boden ruhen, sah die Ledersäcke mit dem Golde etwas abseits stehen und – – änderte sofort seinen Entschluß. Er hatte es hier nur mit zweien der Gegner zu tun, von denen der eine sogar noch ein Knabe war, jedenfalls kein vollwertiger Feind.
Dann glaubte er, hinter sich ein Geräusch zu vernehmen, als ob ein Mensch mühsam das hastige Atmen zu unterdrücken sucht. Blitzschnell fuhr er mit dem Oberkörper herum, indem er gleichzeitig mit der Rechten das lange Messer aus dem Gürtel riß.
Fuhr herum … und fuhr zurück, da sein Kopf beinahe mit dem Janos Preszönis zusammengestoßen wäre …
Zu spät wollte er sich jetzt wieder auf den Feind zustürzen, ihn unschädlich machen …
Etwas wie eine Staubwolke flog ihm aus einem Holzbüchschen ins Gesicht, in die Augen, ein furchtbares Brennen zwang ihn, die Lider zu schließen. Er war geblendet – – durch den Inhalt von Janos Tabaksdose, der als leidenschaftlicher Schnupfer sich auf Anraten des Chemikers Doktor Wallner aus zerriebenen Blättern verschiedener Wüstenpflanzen und Paprikapfeffer einen Tabakersatz hergestellt, diesen aber wenig benutzt hatte, weil selbst das abgehärtete Riechorgan eines Pußtasohnes diese Mischung schlecht vertrug.
Als Ibrahim einsah, daß er die Augen nicht wieder öffnen konnte und seinem Gegner auf Gnade und Ungnade ausgeliefert war, tat er etwas, das Janos nie erwartet hätte: er kreuzte die Arme über die Brust und blieb regungslos stehen – stolz und aufrecht, während ihm die Tränen unaufhörlich aus den gepeinigten Augen hervorquollen.
Der Ungar war darob einen Moment ganz ratlos.
Diese kaltblütige Ergebenheit gegenüber einem mißgünstigen Geschick hatte er von Ibrahim nicht erwartet. Eine gewisse Heldengröße lag in dem Verhalten des Räubers, die jedem Achtung abgezwungen hätte.
Inzwischen hatte aber auch Heinz Brennert die beiden
W. Belka: Der Tempel Salomonis. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Tempel_Salomonis.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)