„Gar nicht weit von hier, Master Shlook! Vielleicht zweitausend Meter nach Norden zu in einem kleinen Tale.“
Paul Loring log nicht. Dort lagerten ja die Gefährten, und dort waren auch die schweren, so überaus wertvollen Traglasten der Dromedare niedergelegt.
Der Engländer beugte sich tief zu dem Knaben herab.
„Junge, Du lügst …“, sagte er ganz heiser vor Habgier. Und doch sprach er nur diese Worte, um völlig sicher zu gehen.
„Ich lüge nie!“ erwiderte Paul gelassen, indem sein Auge die Entfernung bis zu Shlooks linker Hand abmaß, die den Revolver hielt.
„Ist das Tal leicht zu finden?“ setzte der Brite das Verhör fort.
„Sehr leicht. Am Nordrande der Talwand erheben sich zwei Klippen, die wie ein Paar Ziegenhörner aussehen.“
„Ah! – also dort! Ich besinne mich auf den Ort. – Ist das Gold von Euch vergraben worden?“
Abermals hatte der Knabe im Geiste die Möglichkeit erwogen, Shlook den Revolver durch einen blitzschnellen Griff zu entreißen.
„Nein – nicht vergraben!“ sagte er jetzt schnell. „Die Schätze Kir Balis sind in Ledersäcken verpackt worden. Diese liegen an der Ostseite des Tales dicht nebeneinander. Im ganzen elf.“
„Wie, Ihr habt das Gold wirklich nicht einmal eingescharrt? – Überhaupt – beinahe hätte ich vergessen, Dich auszuforschen, wie Ihr uns damals eigentlich so schlau entschlüpft seid und wie und warum Du hier wieder aufgetaucht bist.“
„Ich wollte sehen, ob die Oase besetzt war. Ich hatte Durst, habe ihn noch! Meine Gefährten …“
„Schon gut – schon gut. Ich darf nicht lange fortbleiben. Ibrahim könnte mich vermissen. Er will mich nach Maskat zurückbringen. Wir glaubten, Ihr wäret längst nach Süden zu unterwegs und hatten schon alle Hoffnung aufgegeben, Euch noch zu begegnen. – Nun – unter diesen Umständen muß ich meine Entschlüsse
W. Belka: Der Tempel Salomonis. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Tempel_Salomonis.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)