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Seite:Der Spion von Kimberley.pdf/4

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Walther Kabel: Der Spion von Kimberley (Die Südmark. Nr. 17–20.)

einzuprägen und verließ darauf ungesehen das Kontor, um sich wieder an seine Arbeit zu begeben.

William Herlett bekleidete bei Siders u. Karst die Stellung eines Hausdieners, hatte diesen Posten aber noch nicht lange inne. Trotzdem war es ihm schon in der kurzen Zeit gelungen, sich durch seine stets gleich bleibende Freundlichkeit und seinen verständigen Diensteifer das Vertrauen seiner Chefs zu erringen, die sich aufrichtig freuten, daß die erstklassigen Zeugnisse Herletts eher zu wenig als zu viel versprochen hatten.

Desto unangenehmer wurde John überrascht, als der Hausdiener am Abend desselben Tages das Dienstverhältnis kündigte und bat, sofort entlassen zu werden, da er gezwungen sei, auf die Nachricht von dem plötzlichen Tode seines Vaters den kleinen Viktualienladen in einer der ärmeren Vorstädte Londons jetzt selbst zu übernehmen. Nachdem ihm sein Lohn ausgezahlt war, entfernte er sich mit den Ausdrücken schmerzlichsten Bedauerns, daß die Verhältnisse ihn zwängen, die ihm lieb gewordene Stellung schon wieder aufzugeben, und der arglose John versicherte ihm ebenso, wie ungern er ihn gehen lasse. –

Vor dem in einem der kleinen Häuschen der Hafenstraße in Kapstadt eingerichteten Werbebureau ging an einem Vormittag Ende Dezember desselben Jahres ein ärmlich gekleideter, schlanker Mann unschlüssig auf und ab, warf öfters einen prüfenden Blick auf das in grellen Farben ausgeführte Plakat, das in dem großen Fenster hing und den Eintritt in die englische Armee in der verlockendsten Weise anpries, musterte auch neugierig die recht fragwürdigen, halb angetrunkenen Gestalten, die zumeist in Begleitung eines Werbeunteroffiziers das Bureau betraten, um sich dort gegen einen täglichen Kriegssold von zwei Schilling acht Pence zu einer zwölfjährigen Dienstzeit im stehenden Heere zu verpflichten.

Noch immer wanderte der junge Mensch die Hafenstraße auf und ab und schien sich zu einem Entschlusse nicht durchringen zu können. Dabei war es ihm vollständig entgangen, daß er schon eine ganze Weile von einem kleinen, korpulenten Manne heimlich beobachtet wurde, der in der Türe einer einfachen Schifferkneipe lehnte, von wo aus er die in das Werbebureau Eintretenden unauffällig mustern konnte.

Jetzt verschwand der andere plötzlich, als ob er seine letzten Bedenken endlich überwunden hätte, schnellen Schrittes in dem zu ebener Erde gelegenen Lokale und mit einem zufriedenen Lächeln schaute ihm der Dicke nach, holte dann eine Schachtel Zündhölzer hervor und setzte seine ausgegangene Zigarre behaglich wieder in Brand.

In dem Warteraum, den der schlanke Mann soeben betreten hatte, saßen hinter einem großen, mit Papieren bedeckten Tisch zwei Offiziere, die gerade den letzten der Leute ausfragten und ihn dann an den jungen Militärarzt verwiesen, der die neu Angeworbenen in dem zweiten Zimmer einer flüchtigen Untersuchung unterzog, worauf sie durch einige Unteroffiziere sofort in die Kasernen abgeliefert wurden, damit sie nicht etwa noch im letzten Augenblick anderen Sinnes wurden und einfach desertierten. Nach einigen Minuten schob der graubärtige Hauptmann auch dem zuletzt Erschienenen das Formular hin und dieser setzte mit festen Zügen seinen Namen „Harry Landor“ darunter. Mit einem tiefen Seufzer legte er die Feder wieder hin, steckte ganz mechanisch das Handgeld in die Tasche seines vielfach geflickten Beinkleides, blieb dann aber zögernd vor dem Tische stehen, als ob er noch irgend ein Anliegen vorzubringen habe. Die beiden Offiziere schauten sich mit einem vielsagenden Blicke an.

„Gehen Sie nur dort hinein zur Untersuchung! Die Sache ist nun abgemacht und ein Zurück gibts nicht mehr!“ meinte der Ältere barschen Tones.

Doch Harry Landor schüttelte nur traurig den Kopf. „Das weiß ich!“ erwiderte er leise. „Ich wollte auch nur bitten, mir womöglich bei dem Herrn Gouverneur eine Audienz auszuwirken, da ich Seiner Exzellenz wichtige Eröffnungen zu machen habe.“

Erst schauten die beiden Offiziere etwas überrascht und ungläubig drein. Als dann aber der in dem Zimmer an einem kleinen Seitentisch sitzende Sergeant hinausgeschickt war und Landor ihnen jetzt in seiner durchaus glaubwürdigen und keineswegs großsprecherischen Art nähere Andeutungen über sein Vorhaben gemacht hatte, sagte der alte Hauptmann ganz freundlich und ermunternd:

„Wenn Ihre Angaben sich als wahr erweisen, wird Seine Exzellenz Ihnen fraglos Ihre Bitte erfüllen.“ Und nach einer Pause setzte er mit einem forschenden Blick hinzu: „Angenehmer wäre es mir ja, wenn Sie Ihr Geheimnis auch uns mitteilen wollen, da ich den Empfehlungsbrief an den Adjutanten des Herrn Gouverneurs dann etwas genauer abfassen könnte.“

Doch Landor lehnte diesen Vorschlag höflich aber bestimmt ab und blieb dabei, daß er sich nur Lord Willerton als dem Höchstkommandierenden in Kapstadt allein anvertrauen wolle. Und kurze Zeit darauf befand er sich auch in Begleitung des Schreibers auf dem Wege nach dem am Stadtpark gelegenen Palaste des Gouverneurs.

(Fortsetzung folgt.)

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Spion von Kimberley (Die Südmark. Nr. 17–20.). Vereinsbuchdruckerei „Celeja“ in Cilli, Cilli 1914, Seite 4(Nr.17). Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Spion_von_Kimberley.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)