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Seite:Der Schlingensteller.pdf/4

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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96

und her, bis er wieder das Wort an seinen Beamten richtete.

„Kennen Sie diese Handschrift, Markdorf?“ fragte er dann plötzlich und reichte dem Förster das zerknüllte Papier bin.

„Nein, die Schrift ist mir ganz unbekannt.“

„So – hm! – Sie werden nämlich in diesem anonymen Schreiben in schwerster Weise verdächtigt,“ sagte Haase nach einer Pause sehr langsam.

„Ich – verdächtigt –?!“ fuhr der junge Förster auf und wollte schnell den Brief überfliegen.

„Lassen Sie nur, Markdorf, ich kann’s Ihnen auch so sagen. Man wirft Ihnen vor, daß Sie den Besitzer Kasimir Jaworski nur deswegen nicht wegen Wilddiebstahls belangen, weil Sie eben mit seiner Tochter verlobt sind. Der Briefschreiber behauptet auch, Sie hätten schon längst genügendes Belastungsmaterial gehabt, um gegen den Alten vorzugehen, aber eben aus Rücksicht auf Ihre Heiratsabsichten geschwiegen. Der Besitzer soll nämlich das Schlingenlegen schon längere Zeit, mehrere Jahre, betreiben.“

Markdorf starrte seinen Vorgesetzten eine ganze Weile fassungslos an, ehe er etwas entgegnen konnte.

„Herr Oberförster glauben diesem – elenden Denunzianten doch nicht etwa?!“ rief er entrüstet. Und als Haase nicht sofort antwortete, fuhr er mit vor Erregung zitternder Stimme fort: „Ich habe meine Pflicht bisher in[1] keiner Weise vernachlässigt – nie, niemals. Eine solche infame Anschuldigung lasse ich daher nicht auf mir sitzen. Ich werde selbst beim Herrn Oberforstmeister eine Disziplinaruntersuchung beantragen, und die wird dann zeigen, daß mich auch nicht der kleinste Vorwurf trifft. Den alten Jaworski konnte ich gar nicht zur Anzeige bringen, denn ich habe ihn trotz meiner häufigen Patrouillengänge nie auf frischer Tat ertappt. Und die Möglichkeit war doch nicht ganz ausgeschlossen, daß er die Schlingen vielleicht für irgendwelches Raubzeug gelegt hat.“

Haase mochte doch wohl aus der so ehrlichen Empörung seines Untergebenen herausfühlen, daß dieser


  1. Vorlage: bisheri n
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Schlingensteller.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)