er zeige zumal in Behandlung der neuen Fälle eine solche subjektive Voreingenommenheit, daß seine diesbezügliche Arbeit jeglichen maßgebenden Wertes entbehre, ja, an direkte Geschichtsverdrehung streife. Ein solches Urteil wagt dieser Mann über ein Buch abzugeben, das der katholische Universitätsprofessor Dr. Koch in Tübingen im „Allgemeinen Litteraturblatt der österreichischen Leogesellschaft Nr. 20 vom 15. Oktober 1900“, eine verdienstvolle Schrift nennt, und sie ganz besonders den Geistlichen, Lehrern, Juristen und überhaupt allen, die den Aberglauben zu bekämpfen haben, dringend empfiehlt. Pfarrer Krösell hat den traurigen Mut, die Päpste zu beschimpfen, die schon im Mittelalter den Ritualmord-Aberglauben des Christenvolkes bekämpften, und ihnen nachzureden, sie hätten sich mit jüdischem Gelde bestechen lassen, die Juden zu beschützen, damit dieselben ungestört dem Ritualmord fröhnen konnten. Der Mann schämt sich auch nicht, den alten Unsinn wieder hervorzuholen, den man durch die grausamsten Folterqualen aus den armen jüdischen Opfern herauspreßte, das Blut werde in die Mazzen gebacken, zur Heilung der Beschneidungswunde und anderen abergläubischen Dingen, zur Entsündigung gleich einem Opfer gebraucht, sowie bei Hochzeiten in getrocknetem Zustande auf einem Ei dem Bräutigam gereicht. Er entblödet sich nicht, mit scheinheiligem Augenverdrehen auf die bitteren Thränen der so niederträchtig Abgeschlachteten zu verweisen und auf den Thron (soll wohl heißen Richterstuhl) Gottes, wo sich diejenigen zu verantworten haben sollen, die durch ihre Verteidigung der Juden zu diesen Abschlachtungen mitgeholfen haben. Dabei übersieht er aber, was die Päpste schon angedeutet haben, und Kardinal Ganganelli nachgewiesen hat, daß christliche Eltern ihre eigenen Kinder verwundet und verstümmelt haben, um gegen die Juden zu hetzen und Geld von ihnen zu erpressen, er denkt nicht an die vielen Tausende von unschuldigen Juden, Männern, Frauen und Kindern, die als Opfer des christlichen Aberglaubens an den jüdischen Ritualmord abgeschlachtet wurden oder auf dem Scheiterhaufen sterben mußten. Der wahre Volksfreund wird den geistlichen Vorgesetzten des Pfarrers Krösell dankbar dafür sein, daß sie diesem falschen Propheten das saubere Handwerk, für die Ausbreitung und Befestigung des schmachvollsten Aberglaubens zu wirken, gelegt und ihm, Vorträge über den „jüdischen Ritualmord und Konitz“ zu halten,
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)