An dem Leichenbegängnisse des jüdischen Ritualmords in der Staatsbürger-Zeitung nehmen auf ergangene Einladung auch zwei Techniker teil: der erste von ihnen ist der Ingenieur Theodor Fritsch zu Gautsch-Leipzig, welcher in seinem Gutachten (Nr. 354) eine großartige Unwissenheit in der Geschichte zu erkennen giebt. Er schreibt nämlich: „Die jüdischen Blutmorde sind eine Thatsache. Ihr vorwiegender Zweck ist die Erfüllung eines alten Opferbrauches, an dem das Hebräertum – aller europäischen Kultur zum Trotz – eben so zäh festhält wie an anderen abergläubischen Sitten: Beschneidung, Schächtung der Schlachttiere, Sabbat-Heiligung, besondere Zeitrechnung u. s. w.“ – Das ist eine ganz kolossale Lüge, daß der Opferbrauch des Blutmords zu den übrigen genannten Gebräuchen gehöre, denn zwischen ihnen und dem Gebrauche des Menschenopfers besteht ein himmelweiter Unterschied. Das Schächten, die Beschneidung, die Heiligung des Sabbats, die Zeitrechnung sind Gebräuche, die Gott angeordnet und zu halten befohlen hat, weshalb sie auch heute noch von den Juden beobachtet werden; die Tötung und Opferung eines Menschen dagegen hat Gott als ein Verbrechen erklärt und unter Androhung der schwersten Strafen untersagt, ein Verbot, das auch heute noch bei den Juden in Geltung ist. Eben so unwahr sind die anderen Behauptungen des H. Technikers, wenn er sagt: „Die jüdischen Schriften des Alten Testaments enthalten Zeugnisse genug für die Menschenschlachtungen bei den alten Hebräern. Wenn gleich im 1. Mos. 22 durch die Legende von der Opferung Isaaks die Einführung des Ersatzopfers gelehrt werden soll, - ein Widder an Stelle eines Knaben, - so hat doch die Auffassung fortbestanden, daß – wenigstens in wichtigen Fällen – nur das Menschenopfer ein vollgültiges Opfer vor Jahweh sei; und die rabbinischen Schriften der späteren Jahrhunderte bestätigen diese Auffassung.“ – Dagegen hat ein anderer hervorragender Mann der Wissenschaft und des praktischen Lebens, der ehrwürdige H. Pastor D. Baltzer, bereits erklärt, und ich muß ihm darin völlig beistimmen, es sei gar nicht daran zu denken, daß im Alten Testament oder im Talmud ein ritueller Mord gelehrt werde; ich füge bei, daß bis jetzt auch noch keine andere rabbinische Schrift gefunden wurde, in welcher der Ritualmord gelehrt oder gebilligt wird. Und wenn auch, in wichtigen Fällen, von Juden Menschenopfer
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)