Juden entscheiden soll. Immerhin könnte es aber doch geschehen, daß ein oder der andere Leser an dem tief eingewurzelten Aberglauben noch festhält, vielleicht mit der Einwendung, es gebe jüdische Geheimschriften, in denen die Lehre vom jüdischen Ritualmord und Blutgenuß enthalten sei. Wir müssen darum auch diesen Geheimschriften unsere Aufmerksamkeit jetzt zuwenden, denn sie sind in der That einer von jenen Schlupfwinkeln, in denen der Ritualmord-Aberglaube sich versteckt, wenn er sich vor den Beweisen aus den öffentlichen Schriften nicht mehr halten kann. Es wird übrigens nicht schwierig sein, ihn auch aus diesem Versteck hinauszutreiben.
6. Die Geheimschriften der Juden.
Im Monat Mai des verflossenen Jahres 1900 konnte man in den Zeitungen lesen, daß im preußischen Herrenhause eine Anfrage an die k. Staatsregierung folgenden Inhalts gestellt werden sollte: „Welche Schritte gedenkt die k. Staatsregierung zu thun, um weiten Kreisen der christlichen Bevölkerung die Gewißheit zu verschaffen, daß die in den letzten Jahren vorgekommenen unaufgeklärten Morde an christlichen Jünglingen und Jungfrauen nicht von den Juden begangene sogenannte Ritualmorde sind?“ In der Begründung dieser Anfrage wurde unter anderem auch gesagt, schon allein im Interesse der jüdischen Bevölkerung scheine es geboten, durch eine authentische Übersetzung aller jüdischen Geheimschriften den Nachweis zu führen, daß diese Schriften keinen Anhalt für den Volksglauben – richtiger: Aberglauben – bieten.
Zur näheren Beleuchtung dieser Forderung möchte ich bemerken, daß man zuvörderst die Schriften kennen müßte, welche als Geheimschriften der Juden ausgegeben werden, wenn man eine Übersetzung derselben fordert. Welche sind also die Geheimschriften der Juden, die übersetzt werden sollen? Gewöhnlich werden als solche der Schulchan-Aruch und der Talmud genannt. Wir wollen aber noch weiter gehen und den Sohar und die anderen kabbalistischen Schriften dazu zählen, und wollen annehmen, es seien eine größere Anzahl von sprachkundigen Gelehrten für die authentische Übersetzung dieser Schriften gewonnen worden, und dieselben hätten nach längerer Zeit ihre Aufgabe auch vollendet: was wird damit gewonnen sein?
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)