Erst lange nach Mitternacht erwachte ich, trank schnell einen Schluck aus den Wasserschläuchen, gab auch den beiden Tieren zu trinken (mein Vater hatte schon selbst für sich gesorgt) und drängte zum Aufbruch.
Ich will Sie, liebe Landsleute, nicht durch eine eingehende Schilderung unserer weiteren Flucht langweilen, will nur erwähnen, daß wir uns gründlich verirrten und am Abend des sechsten Tages, nachdem unser Wasser- und Dattelvorrat verbraucht war, den sicheren Tod vor Augen zu haben glaubten.
Unsere beiden Reitkamele waren zu Skeletten abgemagert, wir, Vater und Sohn, taumelten bereits vor Schwäche. Trotzdem drängte ich vorwärts. Ich wollte ein letztes verzweifeltes Mittel versuchen, eine Oase zu finden, wollte den Dromedaren die Zügel freigeben und mich lediglich auf den tierischen Instinkt verlassen.
Als die Sonne untergegangen war und ein kühler Wind über die Wüste hinstrich, brachen wir auf. Mein
W. Belka: Der Gespensterlöwe. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gespensterl%C3%B6we.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)