Bruder. Denn - sprach er zu sich selbst - ich werde mich wol hüten ihr, wie damals in Altdorf, ein Wort zu sagen das ihr mißfällt und mich von ihr verbannt. Eigentlich ist's aber doch ein Scandal, daß ich mich nicht in sie verlieben kann, und immer beim Liebhaben verbleibe! Ohne Leidenschaft kann ich sie doch unmöglich nach Spanien entführen, und reist sie ab - was fang' ich an!
„Es ist merkwürdig wie Sie den Grafen Sambach lieben!“ sagte er einmal zu Cornelien als sie unruhig einen Brief von ihrem Mann ersehnte.
„Da er der liebenswürdigste Mensch ist, den ich kenne, so finde ich das nicht besonders merkwürdig,“ entgegnete sie.
„Liebenswürdig? das ist ein unbestimmter Ausdruck! .… warum finden Sie ihn so ganz ungeheuer liebenswürdig?“
„Guter Fürst, verstehen Sie denn gar nichts von Liebe, um so wunderlich zu fragen?“
„Nein, gar nichts! belehren Sie mich.“
„Das kann ich nicht! - und beriefen Sie die sieben griechischen Weltweisen und sämtliche deutsche Philosophen, so würden doch Alle zusammen Ihnen nicht das Warum, den Urgrund einer Liebe, erklären können. Lesen Sie Montaigne: „Parceque c'était lui et parceque c'était moi;“ - das ist
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/196&oldid=- (Version vom 31.7.2018)