aus: räsonniren können Alle; handeln - aber handeln nach altem Schrot und Korn, so daß Handlung und Ueberzeugung ein organisches Ganze ausmachen - kann Keiner! - Und handeln, um die Zeit auf passende Weise hinzubringen, etwa wie Sie, holde Gräfin, eine Tapisserie machen - das befriedigt mich nicht. Da nähte ich auch lieber Tapisserie .… nur sind meine Finger leider zu ungeschickt!“
„Das Alles klingt ganz entsetzlich beweglich, entgegnete Cornelie, und ist es doch gar nicht; hat Etwas Wahres und außerordentlich viel Verkehrtes. Warum räsonnirt und reflektirt man so viel? weil es bequemer ist, als zu handeln und weil man sich von der Eitelkeit in diese Wiege der Selbsttäuschung legen läßt, wo Bequemlichkeit - Weisheit genannt wird. Man ist egoistisch: man mögte alle Güter des Lebens genießen; allein sie erringen - behüte der Himmel! um Mühe, Arbeit und Anstrengung zu vermeiden, räsonnirt man so lange um die Sache herum, bis sonnenklar erwiesen ist, daß die Güter des Lebens doch im Grunde nur Plunder sind, während sie Schätze sind, denen wir wie Bergleute auch in gefährliche dunkle Schachte mühsam nachgehen müssen. Eine Liebe, ein Wirkungskreis, ein Mittelpunkt für Herz und Geist, eine
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/180&oldid=- (Version vom 31.7.2018)