Beinen, die in prallanliegenden Hosen und spiegelblanken Röhrenstiefeln steckten. Frackartige Uniformen trugen sie, mit breiten Epauletten und steifen gestickten Kragen, riesige Dreimaster, die durch Federbüsche noch erhöht wurden – alles nach preußischem Muster.
Und bald hielten vielerlei Equipagen vor Tante Sonjas Tor, denn die Nachricht ihrer Ankunft hatte sich rasch verbreitet, und man kam sie zu begrüßen. In Einspännern und Dreispännern, das Mittelpferd unter dem Krummholz, die Seitenpferde mit nach auswärts gewendeten Köpfen, so kamen die Freunde vorgefahren. Andere benutzten noch altertümliche geschlossene Herrschaftskarreten, die hoch vom Boden in Federn schwangen, auf deren rückwärts ausspringendem Sitz zwei Diener saßen, und die von vier Pferden breit an der Deichsel und zwei noch vorgespannten gezogen wurden. Und auf den Böcken all dieser Wagen saßen dicke, bärtige Kutscher, mit breiten Nasen, Haar, das ihnen in die Stirne fiel, und einem guten Hundeausdruck in den Augen. Weit vorgestreckt hielten sie die Arme und die Pferde legten sich in die Zügel, daß sie sich strafften.
Tante Sonjas Reisemüdigkeit war rasch verflogen, und schon in den ersten Tagen nach der Ankunft entfaltete sie eine fieberhafte Tätigkeit, um Dorothee mit allem auszustatten, dessen sie für die gesellschaftliche Kampagne bedurfte. Eine besonders glänzende Saison solle es werden, erzählte man sich, denn die Kaiserin, die längere Zeit leidend gewesen, dürfe, nach einer glücklich verlaufenen Kur, diesen Winter wieder tanzen.
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)