der Umrahmung überreicher Gewinde, so besonders geheimnisvoll zu locken und winken schienen. Beim Einsteigen in den großen Reisewagen Tante Sonjas hatte Dorothee die Empfindung, daß nun die ganze Welt vor ihr offen läge.
Tante Sonjas Diener saß neben dem Kutscher, ihre Zofe und Dorothees Lettin waren auf einem Sitz untergebracht, der rückwärts am Wagen frei vorsprang. Die flachen Koffer der Damen hatte man oben auf das Verdeck gestaut, wo sie ein zweites Stockwerk bildeten. Ins Innere kamen die kleineren Gepäckstücke, die Decken und Kissen für die Nächte, die man in den livländischen Krügen und russischen Poststationen verbringen würde. Auch fehlte der Speisepaudel nicht, mit Speckkuchen, Knappkäse und allem, was sich die lettische Wirtin für Dorothee nur immer hatte ausdenken können.
Unter großem Peitschengeknall zogen die kräftigen struppigen Pferdchen an, und fort ging es mit lustigem Schellengeläut, mit wehenden roten Tuchlappen am Geschirr und im Glänzen der hohen, mit Metall beschlagenen Kumte.
Ein Stück des Weges gab Vetter Arnold den Damen noch das Geleit. Auf einem für seine lange hagere Gestalt viel zu kleinen Klepper ritt er neben dem Wagen trübselig einher, und auf seinem treuherzigen Gesicht war unverhohlener Kummer zu lesen – ehrlich darin, wie in allem, was er tat. Dann an der Stelle, wo die ersten für den Wagen vorausgeschickten Relaispferde warteten, kehrte er um. „Kommen
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/87&oldid=- (Version vom 31.7.2018)