weiter, ob früh, ob spät, Rohstoff war ja alles, Menschen und Dinge, zum steten Umformen vorausbestimmt. Durch den Schmelzofen gingen die Metalle, durch den Tod die Menschen, um zu dem Neuen gewandelt zu werden, das gebraucht wurde. Jede Einzelerscheinung, so geliebt, so beglückend sie auch sein und so unersetzlich sie scheinen mochte, war ja doch etwas nur ganz vorübergehend Notwendiges. Und es galt, den Blick zu weiten zu einer Erkenntnis, die hinausreichte nicht nur über das Einzelne und dieser Zeit Wirrsal des Hassens und Mordens, sondern über alle irdischen Daseinsformen, wie wir sie kennen, weit hinweg. Nur wer in der gesamten Menschheit eine ephemere Gestaltungsart letzten unvergänglichen Inhalts sah und im Tod den Durchgang zu seiner Umwandlung erblickte, vermochte des kurzen Erdenlebens schwere Verkettung von Verlust und Schmerz ohne Verzweiflung zu ertragen.
Und Großmama sagte: „Ach, Herr Pastor, was ist denn schade?“
Da nickte der alte Mann und antwortete leise: „Wir sind in diesem Leben wohl immer nur unsere eigenen Vorläufer.“
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/74&oldid=- (Version vom 31.7.2018)