aber nicht sonderlich von manchen der Einheimischen unterschieden; schwerfällig gutartige Leute waren es, sahen nicht auf die Art der Kost, sondern nur darauf, daß viel davon da sei. Abends, nach getaner Arbeit im Gutshof sitzend, sangen sie, ehe sie sich hinter den vergitterten Fenstern ihrer Zimmer schlafen legten, noch lange ihre schwermütigen Volksweisen, und diese klagenden Melodien erweckten den Begriff einer Fähigkeit geduldigen Leidens, so groß wie die fernen Steppen, in denen sie entstanden. Für die Ziegelei und den Garten kamen Franzosen. Nervösere, verbissenere Menschen waren das, die anfänglich anspruchsvoll aufzutreten versuchten. Verhaltenen Ingrimm merkte man ihnen an, der sich einstweilen zwar noch mürrisch gegen die siegreichen Feinde richtete, sich vielleicht aber doch schon im stillen gegen die eigenen Machthaber zu wenden begann, deren jahrelange Wühlarbeit und Verhetzung zu all dem gegenwärtigen Jammer geführt hatten. Nach einigen Schwierigkeiten mit dem Inspektor fügten sich aber auch die Verdrossensten in das Räderwerk der täglichen Aufgaben. Und auch dies war eine seltsame Wirkung des großen Wandlers, daß all diese fremden Leute in dem Lande, das zu zerstören sie einst mit klingendem Spiel ausgerückt waren, nun friedliche Arbeit taten und an dem Gedeihen seiner Saaten und Früchte mitwirken mußten.
Aber auch für die beiden Enkel brachte der Frühling Veränderungen. Der Marineoffizier fuhr jetzt auf einem U-Boot, und der jüngste, der zum Fliegerdienst angenommen worden, hatte seine Ausbildung beendet
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)