war es, weil es alles jetzt ja nicht mehr im Schwung der ersten großen Begeisterung geleistet wurde, die über jedes Hindernis mit Traumesleichtigkeit hinweggetragen hatte, sondern weil Erkenntnis der wirklichen Lage zu grimmig ernster Entschlossenheit geführt harte. Denn wie draußen im Felde der erste brausende Siegeslauf längst zum Stehen gekommen war und das ungestüme Vorwärtsdrängen sich zu verbissenem Ausharren gewandelt hatte, so war auch die Stimmung daheim verändert. Verstummt war der Jubel, mit dem die im Sommer ausrückenden jugendlichen Streiter, bekränzt und mit Gaben überschüttet, von weißgekleideten Mädchen geleitet worden waren. Wenn jetzt durch die winterlich düstern Straßen immer neue Reihen von Ersatzmannschaften zu den Bahnhöfen marschierten, so waren das ältere Leute; und nicht nur ihre Kleidungen waren grau, sondern eine ganze Schicht grauer Sorgen schien auf ihnen zu lagern, wie auf den vergrämten Frauen, die, neben ihnen schreitend, ihre ärmlichen Pappschachteln trugen. Sorgenvoll auch jene, die ihnen begegneten und ihnen wehmütig nachblickten, wie Kreuzesträgern, denen die ungeheuere Schuldlast einer ganzen Epoche aufgebürdet worden ist. Wenn sie so durch die Straßen zogen, spielte zwar die Musik an der Spitze der Züge und mischte die Weise vom guten Kameraden in das Tuten der Automobile, das Knirschen der Wagenräder im Schnee und all die tausend Geräusche der großen Stadt, aber jedem, der ihnen begegnete, kam dabei wohl der schmerzliche Gedanke an die vielen, vielen guten Kameraden, die schon
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/47&oldid=- (Version vom 31.7.2018)