auch hatte er Rat zu erteilen, wo die Neuforderungen an der Menschen Kräfte und Anpassungsfähigkeit gar zu plötzlich und verblüffend schienen. Aber neben alle dem fand er doch oftmals Zeit, zu Großmama und ihren Verwundeten zu kommen. Großmama gegenüber brauchte er auch nicht der immer Gebende zu sein. Vor der so viel Älteren konnte er sich selbst einmal aussprechen über alles, was ihn bedrückte. Seine Kümmernis war der Haß, der durch die Welt ging und mit jedem Schritt zu wachsen schien. Denn die Zeit des ersten ungläubigen Erstaunens vor dem, für die Massen wenigstens, so plötzlich entstandenen Kriegsphänomen war längst vorüber. Zorn und Empörung waren an seine Stelle getreten. Zorn, daß es kleinen, aufwiegelnden Rotten in den feindlichen Ländern wirklich gelungen war, die in Halbschlummer hindämmernde Welt in all diesen Jammer zu zerren; Empörung, daß die so lang schon Zwietracht Säenden, Neid und Mißgunst Hegenden es nun auch noch verstanden, den Überfallenen als Angreifer darzustellen, und diesen bei so mancher Gelegenheit saumselig Friedfertigen vor der ganzen Welt als hinterlistigen, seit langem nur des Anlasses zu Raub und Mord Harrenden zu brandmarken. Der Apparat der Verleumdung hatte ja vom ersten Tage an nach längst erwogenen Plänen und wohlbewährten Methoden gearbeitet, denn diese Organisation befand sich offenbar schon vor dem Kriege in latent mobilisiertem Zustand. Sie schob sofort ihre Truppen von Lügen, Verdrehungen und Aufreizungen zwischen den zu Vernichtenden und das Urteil der
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/41&oldid=- (Version vom 31.7.2018)