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Seite:De Zwei Erzählungen Heyking Elisabeth von.djvu/105

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hier scheiden, konnte man das denn überhaupt ernstlich erwägen? Das durfte doch niemand, dem dies Stück Land gehörte und der wiederum auch zu ihm gehörte. Burkahnen verlassen? Es vielleicht nie wiedersehen, seine hellen Sommernächte nicht und nicht seine langen weißen Winter? Das war doch unmöglich. „Nur in Italien läßt sich Schönheit und Glanz aus dem Leben schöpfen,“ hatte Tante Sonja gesagt, aber aufblickend sah Dorothee, wie die Bienen geschäftig schwirrten, Speise einsammelnd aus den spärlichen nordischen Blumen, und sie wußte, ihr Honig war so süß. Ja, hier zu leben, wie so ein Bienchen, das aus dem mühsam Gehegten Süße schöpft, das erkannte sie jetzt, in plötzlicher Eingebung, als ihre eigene Bestimmung. Jene südlichen Fernen, die mochten ja schön sein, schöner vielleicht als Burkahnen, aber das gerade war es ja, was, trotz aller Lockung, Dorothee mit einem leisen Schauer der Abwehr, einem Gefühl des Unheimlichen erfüllte – zu schön waren sie. Glänzendste Punkte der Welt, die man wohl einmal sehen mochte, die durch ihre verwirrende Überfülle einen Rausch der Begeisterung erregten, aber nichts so ganz Wirkliches, Vertrautes, worauf sich der Alltag aufbauen läßt.

Stärker tönte der Bienen Summen und die Erde duftete, wie sie jedem duftet, da wo er geboren ist. Und Dorothee kniete nieder, drückte ihre Wange auf diese Erde und hatte die Antwort auf ihre fragenden Zweifel gefunden.

Als Dorothee dann unter der langen Reihe der Apfelbäume wieder dem Hause zuschritt und alles um

Empfohlene Zitierweise:
Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)