war sie so voll und rotbackig gewesen, hatte nur von Verehrern gesprochen und wegen jedes Unsinns wie wahnsinnig gelacht…
Vor der Stadtgrenze wandte die Troika wieder um; als sie nach zehn Minuten vor dem Kloster hielt, stieg Olja aus dem Schlitten. Jetzt läuteten schon alle Glocken durcheinander.
„Der Herr sei euch gnädig,“ sagte Olja und verbeugte sich tief auf Nonnenart.
„Komm doch zu uns, Olja.“
„Gut, ich werde kommen.“
Sie entfernte sich mit schnellen Schritten und verschwand bald im dunklen Tore. Als die Troika weiterfuhr, überkam alle auf einmal, sie wußten selbst nicht warum, eine gedrückte Stimmung. Alle schwiegen. Ssofja Lwowna fühlte sich plötzlich schwach und ließ den Mut sinken; daß sie die Nonne gezwungen hatte, sich in den Schlitten zu setzen und in einer nicht ganz nüchternen Gesellschaft Troika zu fahren, erschien ihr jetzt dumm und taktlos, beinahe als Blasphemie; zugleich mit dem Rausche hatte sich in ihr auch der Wunsch verflüchtigt, sich selbst zu betrügen, und es war ihr nun klar, daß sie ihren Mann nicht liebte und auch nicht lieben konnte, daß alles nichts als Unsinn und Dummheit war. Sie hatte ihn geheiratet, weil er, wie ihre Institutsfreundinnen sagten, blödsinnig reich war, weil sie fürchtete, wie die Rita als alte Jungfer sitzen zu bleiben, weil ihr Vater, der Militärarzt, ihr auf die Nerven ging und weil sie Wolodja den Kleinen ärgern wollte. Hätte sie vor der Heirat ahnen können, daß es so schwer, unheimlich und häßlich werden würde, so wäre sie um nichts in der Welt zur Trauung gegangen. Das Unglück
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/186&oldid=- (Version vom 31.7.2018)