Seufzer, dann ging er hinaus und brachte gleich darauf einen kleinen Sack, dann ging er noch einmal hinaus, und diesmal brachte er einen Schaffnersäbel, der an einem breiten Lederbandelier hing und in seiner Form an das lange, flache Schwert erinnerte, mit dem man auf billigen Oeldrucken Judith am Lager des Holofernes stehen sieht. Er legte die Kolli längs der Wand nebeneinander, dann ging er auf den Flur hinaus, setzte sich dort hin und zündete seine Pfeife an.
„Vielleicht trinkt ihr ein bißchen Tee auf die Fahrt?“ fragte die Küsterin.
„Wir haben keine Zeit, lange Tee zu trinken,“ sagte der Schaffner und runzelte die Brauen, „wir müssen uns schnell erwärmen und losfahren, sonst versäumen wir den Postzug. Zehn Minuten wollen wir sitzen, und dann fahren wir. Aber ihr müßt uns, aus christlicher Barmherzigkeit, den Weg zeigen…“
„Die reine Strafe Gottes, so ein Wetter!“ seufzte die Küsterin.
„M–ja… Und ihr selbst? Was tut ihr denn hier?“
„Wir? Wir gehören hierher, zur Kirche… Wir sind von geistlichem Stande… Da liegt mein Mann! Ssawelij, steh’ auf und sag’ Guten Abend! Früher war hier eine Pfarrei, aber vor anderthalb Jahren ist sie aufgehoben worden. Selbstverständlich, als die Herrschaft hier noch lebte, gab’s auch Leute, da lohnte es sich, eine Pfarrei zu haben, aber jetzt, wo die Herrschaft fort ist, sagen Sie selbst, wovon sollte die Geistlichkeit leben, wenn das nächste Dorf Markowka ist, und dahin sind’s fünf Werst! Jetzt ist Ssawelij außeretatsmäßig und… spielt den Wächter. Er muß die Kirche bewachen…“
Und der Postschaffner erfuhr des weiteren, daß Ssawelij
Anton Pawlowitsch Tschechow: Von Frauen und Kindern. Musarion, München 1920, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Von_Frauen_und_Kindern_(Tschechow).djvu/088&oldid=- (Version vom 31.7.2018)