davon in das Gemeine brächte oder unwissenden Leuten einige Stücke davon, klein oder groß, sagte, den sollen die Freigrafen und Freischöffen greifen unverklagt und binden ihm seine Hände vorne zusammen und ein Tuch vor seine Augen und werfen ihn auf seinen Bauch und winden ihm seine Zunge hinten aus seinem Nacken und thun ihm einen dreisträngigen Strick um seinen Hals und hängen ihn 7 Fuß höher als einen verurteilten, vervehmten, missethätigen Dieb.“
Diese furchtbare Drohung erklärt es denn auch, daß kein Fall bekannt ist, in welchem ein Wissender sich hätte bewegen lassen, die Geheimnisse der Vehme zu verraten. Ja die Scheu, in diese Geheimnisse einzudringen, war bei den „Unwissenden“ so groß, daß sie nicht wagten, auch nur eine Vehmurkunde zu eröffnen, welche die Aufschrift trug: „Diesen Brief soll niemand öffnen, niemand lesen oder hören lesen, es sei denn ein echter rechter Freischöffe der heimlichen beschlossenen Acht des heiligen Reichs.“ Solche Urkunden fanden sich daher noch in unserm Jahrhundert unentsiegelt in den Archiven vor, weil niemand dem furchtbaren Rächer des Geheimnisses in die Hände hatte fallen wollen.
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/090&oldid=- (Version vom 31.7.2018)