Der Schwache und Wehrlose wurde unterdrückt und mußte alle Unbill über sich ergehen lassen.
Inmitten dieser anscheinend unentwirrbaren Rechtlosigkeit und gegenüber der Unmacht fast aller Gerichte sehen wir in Westfalen einfache Volksgerichte, von Ungelehrten, meist Bauern besetzt, sich erheben, einen Hort des Rechts für jeden durch Verbrechen Geschädigten. Es sind dies die Vehmgerichte, welche bald mit unwiderstehlicher Macht ihrer Ladung und ihrem Richterspruch bis an die fernsten Grenzen des deutschen Reichs Geltung zu verschaffen wußten.
Immerhin aber war es ein ungesunder Zustand, wenn wegen Machtlosigkeit der einheimischen Gerichte der Freistuhl auf roter Erde auch von dem in andern Gauen des Reichs Verletzten angerufen werden mußte. Es galt daher, das entartete Fehderecht völlig zu beseitigen. Dies geschah, zunächst freilich noch auf dem Papier, auf wiederholtes Andringen der Reichsstände und Kaiser Maximilians I. im Jahre 1495 durch den sogenannten ewigen Landfrieden. Durch dieses Reichsgesetz wurde das Reichs-Kammergericht, welches für Ordnung und Frieden im Reiche sorgen sollte, neu organisiert, das
Oskar Wächter: Vehmgerichte und Hexenprozesse in Deutschland. W. Spemann, Stuttgart 1882, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Vehmgerichte_und_Hexenprozesse_in_Deutschland_W%C3%A4chter.djvu/025&oldid=- (Version vom 31.7.2018)