Wenn einer glaubt, daß die geheimen Lehren des Mittelalters mit den Hexenprozessen ausgestorben seien, oder daß sie gar auf bewußter oder unbewußter Täuschung beruhen, – ist er arg im Irrtum.
Niemand hatte das besser begriffen, als Amadeus Veverka, der heute im okkulten Orden der Hermetischen Brüderschaft von Luxor unter symbolistischem Gepränge zum „superieur inconnu“ erhoben worden war und jetzt nachdenklich – durchschauert von den Lehren des Buches Ambertkend – auf einem behauenen Steinblock am Abhange der „Nusler Stiege“ sitzt und schlaftrunken in die blaue Nacht hinausgähnt.
Der junge Mann läßt alle die fremdartigen Bilder im Geiste an sich vorüberziehen, die heute abends vor sein Auge getreten waren – er hört wie aus weiter Ferne noch die eintönige Stimme des Arch-Zensors Ganesha: „Die erste Figur, über welche man das Wort Hom aussprechen muß, zeiget sich unter einer schwarz und gelb gemischten Farbe, sie ist in dem Hause des Saturn. Wenn unser Geist einzig mit dieser Figur beschäftigt ist, wenn unsere Augen fest auf sie geheftet
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/122&oldid=- (Version vom 31.7.2018)