Der Gesellschaftsraum des Sanatoriums war stark besucht, wie immer; – alles saß still und wartete auf die Gesundheit.
Man sprach miteinander nicht, da man vom andern eine Krankheitsgeschichte befürchtete – oder Zweifel an der Behandlungsmethode. –
Es war unsagbar öde und langweilig, und die faden deutschen Sinnsprüche, mit schwarzen Glanzbuchstaben auf weiße Kartons gepappt, wirkten wie ein Brechreiz. – –
An einem Tische, mir gegenüber, saß ein kleiner Junge, den ich beständig ansah, weil ich sonst meinen Kopf in eine noch unbequemere Lage hätte bringen müssen.
Geschmacklos angezogen, sah er unendlich stupid aus mit seiner niedrigen Stirn. – An seinen Sammetärmeln und Hosen hatte die Mutter weiße Spitzenbesätze befestigt. –
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Auf uns allen lastete die Zeit, – sog uns aus, wie ein Polyp.
Ich hätte mich nicht gewundert, wenn plötzlich
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)