„Wirklich ein prachtvoller alter Aristokrat, dieser Graf Oskar, – riesig vornehm, und wie er durch das gelbe Seidengewimmel da unten schießt, wie ein Hecht,“ sagte einer der Herren, ein Russe, namens Zybin, – „ich habe neulich ein Bild von ihm in der Hand gehabt, wie er vor fünfundzwanzig Jahren oder so ungefähr, aussah, – Frack, – ganz schwarz – von anno dazumal, aber trotzdem verdammt elegant.“
– „Muß übrigens eine scheußliche Mode gewesen sein, schon die Idee, sich anliegend und noch dazu schwarz zu kleiden,“ warf Fred Hamilton dazwischen, „wenn da auf einem Balle ein paar Herren bei einer Dame standen, mußte das ja rein aussehen, als ob sich die Raben um ein Aas – – – – – –“
„In galanten Vergleichen leisten Sie wirklich übernatürliches, Fredy,“ unterbrach der Graf, welcher etwas atemlos, so schnell war er die Stufen hinaufgelaufen, hinzutrat – „aber jetzt rasch, Messieurs, ein Glas Sekt, ich habe mich von Frau von Werie bereits verabschiedet und möchte mich recht, recht, recht amüsieren.“
„Apropos, Graf, wer ist das junge Mädchen dort,“ fragte Gibson, der immer noch von der Balustrade in den oval gebauten Saal hinabsah, aus dem eine Flut von hellroten Polstern, zu Sitzen für die Zuschauer aufeinandergelegt, in entzückendem Kontrast zu den goldgelben türkischen Pluderhosen der Damen und den eine Nüance dunkleren Togavestons der Herren hervorleuchtete.
„Welche meinen Sie, lieber Gibson?“
„Die dekolletierte dort.“
Allgemeine Heiterkeit.
„Sie sind wirklich köstlich, Gibson; – die dekolletierte! – Es sind doch alle dekolletiert! – Aber ich weiß, wen Sie meinen, – die kleine Chinesin, nicht wahr, neben dem Professor R. mit dem schlecht rasierten Kopf? – Das ist ein Fräulein von Chün-lüntsang. – – – – Ah, da ist ja schon der Champagner!“
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/098&oldid=- (Version vom 31.7.2018)