trete, habe ich wieder dieses lästige Gefühl, und plötzlich höre ich ein knirschendes Geräusch hinter mir. – Ehe ich mich fassen konnte, hatte mich der Schrecken übermannt, und ich war herumgefahren. – Einen Augenblick sah ich ganz deutlich mit wachen Augen den toten Richard Erben, grau in grau, – dann huschte das Phantom blitzschnell wieder hinter mich, – aber doch nicht mehr so weit, daß ich es nur wie vorher bloß ahnen kann. – Wenn ich mich ganz grad richte und die Augen stark nach links wende, kann ich seine Konturen sehen, sowie im Augenschimmer; – drehe ich aber den Kopf, so weicht die Gestalt im selben Maß zurück. –
Es ist mir ja ganz klar, daß das Geräusch nur von der alten Aufwärterin verursacht sein konnte, die keinen Augenblick still ist und sich immer an den Türen herumdrückt. –
Sie darf mir von jetzt ab nur mehr in die Wohnung, wenn ich nicht zu Haus bin. Ich will überhaupt keinen Menschen mehr in die Nähe haben. – –
Wie mir das Haar zu Berge stand! – ich denke mir, daß das davon kommt, daß sich einem die Kopfhaut zusammenzieht. – –
Und das Phantom?: Die erste Empfindung war ein Nachwehen aus den früheren Träumen, – ganz einfach –; und das Sichtbarwerden entstand ruckweise durch den plötzlichen Schrecken. – Schrecken, Furcht, Haß, Liebe sind lauter Kräfte, die das Ich zerteilen und daher die eigenen sonst ganz unbewußten Gedanken sichtbar machen können, daß sie sich im Wahrnehmungsvermögen wie in einem Reflektor spiegeln. –
Ich darf jetzt längere Zeit gar nicht unter Leute und muß mich scharf beobachten, denn das geht so nicht mehr weiter. –
Unangenehm ist, daß all das gerade auf den dreizehnten des Monats fallen muß. – Ich hätte wirklich gegen das alberne Vorurteil mit dem dreizehnten, das eben auch in mir zu stecken scheint, von allem Anfange an
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/065&oldid=- (Version vom 31.7.2018)