Der Pfarrer hatte sich so herzlich auf die Heimkehr seines Bruders Martin aus dem Süden gefreut, und als dieser endlich eintrat in die altertümliche Stube, eine Stunde früher, als man erwartet hatte, da war alle Freude verschwunden.
Woran es lag, konnte er nicht begreifen, er empfand es nur, wie man einen Novembertag empfindet, an dem die Welt zu Asche zu zerfallen droht.
Auch Ursula, die Alte, brachte anfangs keinen Laut hervor.
Martin war braun wie ein Ägypter und lächelte freundlich, als er dem Pfarrer die Hände schüttelte.
Er bleibe gewiß zum Abendessen zu Hause und sei gar nicht müde, meinte er. Die nächsten paar Tage müsse er zwar in die Hauptstadt, dann aber wolle er den ganzen Sommer daheim sein.
Sie sprachen von ihrer Jugendzeit, als der Vater noch lebte – und der Pfarrer sah, daß Martins seltsamer melancholischer Zug sich noch verstärkt hatte.
„Glaubst du nicht auch, daß gewisse überraschende, einschneidende Ereignisse bloß deshalb eintreten müssen, weil man eine innere Furcht vor denselben nicht unterdrücken
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/053&oldid=- (Version vom 31.7.2018)