Da war Jörn leise an ihren Wagen getreten – er war ihr nachgegangen – und hinten aufgesessen. – „Was kiekst du so,“ hatte er gesagt. –
Der Knabe aber verstach sich.
Ihr war ganz fladderig geworden. – „Mien Uhl,“ hatte sie gesagt, dann waren sie zu zweit weiter gefahren. – –
So kam es, daß Großvater Uhl eine Krey zum Weibe nahm. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Wir hatten Jörn verlassen, als er Buchweizengrütze mit Jus aß und ein Buch vorgenommen hatte. –
Es war: „Fietze Faatz, der Mettenkönig“ von Pastor Thietgen und hatte eine Auflage, – sooo groß! –
In Hamburch las es jeder, es hieß sogar, daß es demnächst aus dem Frenssenschen ins Deutsche übersetzt werden solle. –
Jörn Uhl las und las. –
Es handelte davon, wie Fietze Faatz noch drei Jahre alt war, ein kleinen Buttje, – wie er immerzu lernen wollte, – immerzu! – – – und mit Nestküken, seinem Schwesterlein, die ein klein niedliches Göhr war – in der Twiete spielte und im Fleet Sticklegrintjes fing. –
Wie er denn nach Schule sollte und nich lateinisch konnte. –
Wie Senator Stühlkens lütt Jettchen im Grünen Koppeister schoß und sie von einem Quittje und einer lüderlichen Deern das Lied lernten:
„Op de Brüch, do steit
en ohlen Kerl un fleit,
un Mareiken Popp
grölt jem dol
dat Signol:
Du kumm man eben ropp,“
und wie der Vater da so böse über war. –
Jörn Uhl las und las; – daß Fietze Faatz 10 Jahre
Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/051&oldid=- (Version vom 31.7.2018)