Violett über das Wasser, dazwischen schwankten im leisen Abendwinde die leichten, schlanken, gelben Ranken des Goldregens. Die Gipfel der Fliederbüsche, starr und steif von Blütenbüscheln, schwammen grau und bläulich in der Athmosphäre, wie ein Reflex ericafarbenen Sammets floß darüber die warme Luft. Die scheidende Sonne vergoldete diese Farben ohne Realität, diese abstracten Reflexe, ohne den Grundton zu zerstören. Der schwere, wollüstig–schwüle Duft legte sich bleiern auf die Sinne. Ich dachte, wenn ich hier allein mit einem Weibe säße, müßte sich aus diesem lebhaften, übersattigtem Violett ein Schatten loslösen und über das märchenhafte Grün dieser todten Flut leise zum Steuer gleiten, leise, leise – und grinsend, hohnlachend steuerte uns dann wohl die Sünde in eine fliederumstarrte Bucht. Alles verschleierte sich, als zerschwamm in diesem ruhigen, satten, sterbenden Licht.
Ganze Züge von Schwalben jagten pfeilschnell durch die Luft, wechselnd ihre lauten Schreie ausstoßend. Bald zu dem von einem drohenden Roth übergossenen Himmel aufsteigend, bald die Wipfel der Fliederbüsche streifend mit ihrer glänzenden Brust. Ein Fisch schnellte aus dem Wasser. Weiße, schillernde Perlen stoben empor und fielen in die smaragdene
Arnold Hagenauer: Muspilli. Leipzig 1900, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Muspilli_hagenauer.djvu/040&oldid=- (Version vom 31.7.2018)